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IBA-Projekt Züblin-Parkhaus

Warten auf den Märchenprinzen

IBA-Projekt Züblin-Parkhaus: Warten auf den Märchenprinzen
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Verwirrung ums Stuttgarter Züblin-Parkhaus: Wird zur Bauausstellung IBA'27 eine Neue Mitte das Bohnenviertel mit dem Leonhardsviertel verbinden? Oder werden 2027 immer noch Autos im Parkhaus stehen? Fest steht: Die Zeit wird knapp.

Unter den Stuttgarter IBA-Projekten spielt das Züblin-Parkhaus eine zentrale Rolle. "Zähmung des Monsters oder Entsorgung": Diese Frage stellte die IBA schon vor zwei Jahren nach einem mustergültigen Beteiligungsprozess im Jahr zuvor. Konkret passiert ist seitdem wenig. Die IBA "hätte sich gewünscht, dass die Konzeptvergabe für das Züblin-Parkhaus bereits im Jahre 2021 erfolgt wäre", so die aktuelle Stellungnahme. Denn das Züblin ist der Kern des IBA-Projekts "Neue Mitte Leonhardsvorstadt". Wenn es bis IBA-Beginn Parkhaus bleibt, wäre das IBA-Projekt gestorben.

Gestorben sei es nicht, betont Stuttgarts Baubürgermeister Peter Pätzold im Kontext-Gespräch. Keinesfalls würden dort 2027 noch Autos parken. Doch kann das IBA-Projekt bis dahin noch realisiert werden?

Anfang Juli dieses Jahres standen "Vorschläge für eine Zwischennutzung des Züblin-Parkhauses von 2024 bis 2027" auf der Tagesordnung des Bezirksbeirats Mitte. In dieser Sitzung berichtete die Stadtverwaltung, das Nobelkaufhaus Breuninger habe Interesse an den Stellplätzen angemeldet. Breuninger muss sein eigenes Parkhaus, einen Steinwurf entfernt, räumen, weil an seiner Stelle das Haus für Film und Medien entstehen soll. Der Vertrag mit dem Betreiber des Züblin-Parkhauses, Park Service Hüfner, läuft Ende des Jahres aus.

Vor einem Jahr hat der Gemeinderat den Grundsatzbeschluss zu dem Areal getroffen. "Auf der Grundlage des vorliegenden Beschlusses", heißt es in der Vorlage, "erfolgt ab dem 3./4. Quartal 2022 die Grundstücksvergabe im Konzeptverfahren als 'Wettbewerb der Ideen', in dem ein Konsortium/Vorhabenträger für die Realisierung des gemeinwohlorientierten Projekts gesucht wird." Dieses Konzeptverfahren hat immer noch nicht stattgefunden. Es ist nun auf 2024 vertagt. Das heißt, wenn Ende dieses Jahres der Vertrag mit Hüfner ausläuft, ist das Parkhaus noch immer die hässliche Kröte, die darauf wartet, wachgeküsst zu werden.

Dies war der Grund für den Vorstoß von Breuninger. Einen Vertrag gebe es jedoch nicht, stellt Bezirksvorsteherin Veronika Kienzle klar, schon gar nicht bis 2027. Aber eine unklare Situation: Wird der Vertrag mit Hüfner über 2023 hinaus verlängert und sei es nur für einen Teil der Flächen? Oder was passiert sonst damit, bis die Planung so weit ist? Pätzold spricht von einer Interimsnutzung, für die sein Referat gerade ein Beteiligungsverfahren ausarbeite. Dem hält Kienzle entgegen, wenn es bis 2027 nur eine Interimsnutzung gebe, so sei diese kein IBA-Projekt.

Die IBA bezeichnet das Projekt in ihrer letzten Stellungnahme weiterhin als "riesige Chance" für eine "exemplarische Stadtreparatur". Auch wenn "die Zeit dafür mittlerweile sehr knapp ist". Bis wann wird nun aus dem jetzigen Züblin-Parkhaus ein vorzeigbares IBA-Projekt, Herr Pätzold? "Das liegt beim zukünftigen Bauherrn", sagt Stuttgarts Baubürgermeister, "und das entscheidet sich nächstes Jahr."

Wer repariert die Stadt?

Die Hängepartie geht also weiter. Grundsätzlich besteht noch die Chance, dass bei der Konzeptvergabe im kommenden Jahr ein Bewerber den Zuschlag erhält, der bis 2027 etwas zustande bekommt. Von der Vorgabe, in die Bauausstellung würden nur solche Projekte aufgenommen, die bis 2027 fertiggestellt seien, scheint sich die IBA ohnehin bereits verabschiedet zu haben.

Gleichwohl: Die Stadt könnte weiter sein. Wenn sie das IBA-Projekt selbst in die Hand nehmen würde, statt auf den Märchenprinzen zu warten, der im Konzeptverfahren den Fall übernimmt. Die Verantwortung einem zukünftigen Bauherrn zuzuschieben, ist bequem. Ein Bauherr, der noch gar nicht existiert, ja von dem angesichts der Baukostensteigerungen noch nicht einmal mit Sicherheit gesagt werden kann, ob er sich überhaupt findet, kann nicht über Grundsatzfragen der Stadtentwicklung entscheiden. Das muss die Stadt selbst tun.

Es geht beim Projekt "Neue Mitte Leonhardsvorstadt" darum, die beiden einzigen erhaltenen Stuttgarter Altstadtviertel, von denen das eine im Rotlicht versumpft, wieder zusammenzufügen und zu einem lebenswerten Quartier zu machen. Rotlicht heißt richtig viel Geld: Die Bordellbetreiber verdienen mit denselben Flächen zehnmal so viel wie ein Wohnungsvermieter. Auch wenn für die Prostituierten nur ein Taschengeld übrig bleibt.

Daran etwas zu ändern, habe die Stadt seit zwölf Jahren versäumt, moniert Kienzle: "Eine heiße Kartoffel, die niemand anfassen will."


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2 Kommentare verfügbar

  • WernerS
    am 12.08.2023
    Antworten
    Das wievielte Haus für Film und Medien ist das jetzt? Das gabs doch schon öfters. Abgerissen im Bosch-Areal, beim ufa-Palast und wer weiß noch wo sonst. Die Medien sind schon längst geflohen nach Ludwigsburg.
    Statt einfache Wohnungen zu bauen, verkümmert die IBA zum Spielplatz für…
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