In Karlsruhe wird bald ein Klima wie im südfranzösischen Marseille an der Mittelmeerküste herrschen. Nur ohne Meer und mit einem Städtebau, der über Jahrzehnte vor allem auf Asphalt und Beton setzte. "An heißen, windstillen Sommertagen erreichen die Luftfeuchtegehalte abends ein fast tropisches Niveau", ergaben die am Oberrhein durchgeführten Klimauntersuchungen der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg. Einige mögen sich über die warmen Abende freuen. Doch die Folgen der Klimaerwärmung treffen die großen Ballungsgebiete im Südwesten Deutschlands besonders stark.
Über 50 Hitzetage mit Temperaturen über 30 Grad drohen Karlsruhe bis zum Ende des Jahrhunderts, prognostiziert das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. Die gesundheitlichen Auswirkungen wären dramatisch. Rund 20.000 Menschen bundesweit starben allein im Jahr 2018 in Folge der Hitzebelastung. Der Trend zu wärmeren Temperaturen ist in absehbarer Zeit nicht umzukehren, sagt Jan Riel, Klimaforscher an der Hochschule Karlsruhe. Selbst wenn alles getan würde, um schädliche Emissionen zu vermeiden, müsse mit mehr Hitzetagen und Tropennächten in den Städten gerechnet werden. "Die globale Erwärmung werden wir in den nächsten Jahren sicher nicht aufhalten können, dazu sind die politischen Rahmenbedingungen national und international viel zu wenig ambitioniert."
Hitze ist nicht zu verhindern
Gefordert sind hier besonders die Stadtplaner:innen. "Die Überwärmung der Städte gegenüber ihrer Umgebung kann sehr wohl aufgehalten und auch wieder reduziert werden, wenn man geeignete stadtplanerische Maßnahmen ergreift", ist Stefan Emeis vom Zentrum Klima und Umwelt des Karlsruher Institus für Technologie (KIT) überzeugt. Es gelte, die kommunalen Gestaltungsmöglichkeiten bei Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel zu nutzen.
Wie in anderen Großstädten wurde dazu in Karlsruhe im Jahr 2012 das Konzept "Anpassung an den Klimawandel" beschlossen, das rund 50 Maßnahmen in 16 Handlungsfelder umfasste. Gebäude, Gewässer, Stadtgrün und Boden wurden ebenso thematisiert wie Landwirtschaft, Wasser, Energie oder das Arbeitsleben. Diese Klimaanpassungsstrategie wird regelmäßig fortgeschrieben und um weitere Maßnahmen ergänzt. Eine der wichtigsten und dringendsten Maßnahmen, da sind sich die Experten einig, ist die Abkehr von versiegelten Flächen. "Erste Wahl und erste Maßnahme ist die massive Begrünung des öffentlichen Raums", sagt Riel. Bäume brächten nicht nur Schatten, sondern wirkten auch kühlend.
Städte müssen grüner werden
In Karlsruhe zählte die Stadtverwaltung zuletzt 140.615 Bäume. In den kommenden Jahren sollen jährlich etwa 750 dazukommen. Doch nicht nur Bäume, auch die allgemeine Begrünung und Entsiegelung des öffentlichen Raums helfe, die Erhitzung abzumildern. "Das große Problem im Sommer sind die langen Dürrephasen. Das macht es sehr trocken und unangenehm. Daher gilt es, das Wasser auf den Oberflächen so lange wie möglich zu halten", sagt Markus Neppl, Architekturprofessor mit Fachgebiet Stadtquartiersplanung am KIT. Grünflächen könnten das Wasser zwischenspeichern und kontinuierlich wieder an die Umgebung abgeben. Zugleich böten sie bei starken Niederschlägen eine Versickerungsfläche.
6 Kommentare verfügbar
chr/christiane
am 29.07.2022In der Blumenstraße/Weststadt sind 26 von 104 Parkplätze weggefallen.
"Die Blumenstraße blüht auf"--"Blumenstraße soll gemütlicher werden" das sind die Schlagzeilen.Gut fürs Stadtklima?
Kein…