"Der Internationale Holocaust-Gedenktag an diesem Mittwoch", schreibt Maram Stern, Geschäftsführer des Jüdischen Weltkongresses, "wird gleich von mehreren Entwicklungen überschattet." Nicht nur verhindert die Corona-Pandemie direkte Begegnungen – und damit "die Eindringlichkeit und Nähe eines persönlichen Eindrucks" – mit den "wenigen Überlebenden, die Zeugen dieses ungeheuerlichen Verbrechens sind". Noch schlimmer als in den Vorjahren, betont Stern, sind die aktuell um sich greifenden Verschwörungsmythen. Als "besonders widerlich" empfindet er dabei die Versuche aus der "Querdenken"-Szene, "für sich selbst eine Opferrolle in Anspruch zu nehmen, die den Opfern des Holocaust gleichkommt" – während man Seite an Seite mit bekannten Neonazis marschiert oder sich Judensterne mit der Aufschrift "ungeimpft" anheftet. "Ich weiß nicht, was schändlicher sein könnte, als sich im Angesicht der hochbetagten Überlebenden von Auschwitz, Majdanek und tausender anderer Konzentrationslager und Ghettos an deren Leidensgeschichte zu vergreifen."
Das ist nicht nur entsetzlich anmaßend, der Inbegriff von Empathielosigkeit, Verblendung und Zynismus, wie Stern schreibt. Es ist auch brandgefährlich. "Denn das Denken prägt das Handeln, und verwirrte Menschen können sehr viel Schaden anrichten."
Am 9. Oktober 2019 versuchte ein antisemitischer Terrorist in Halle, 51 Menschen zu ermorden, die in einer Synagoge den höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur (zu deutsch: das Versöhnungsfest) feierten. Weil es ihm nicht gelang, ins Gebäudeinnere einzudringen, erschoss der Rechtsextremist wahllos zwei Menschen und wurde im Dezember 2020, unter Feststellung der besonderen Schwere der Schuld, zu lebenslanger Haft mit anschließender Sicherheitsverwahrung verurteilt. "Heute ist ein wichtiger Tag für Deutschland", kommentierte Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, den Richtspruch, denn er mache deutlich, "dass mörderischer Hass auf Juden auf keinerlei Toleranz trifft". Doch es ist gleichermaßen erschreckend wie aufschlussreich, wenn er im selben Atemzug dazu sagt: "Nicht selten erleben wir in der Justiz eine Sehschwäche auf dem rechten Auge."
1 Kommentar verfügbar
SSV Ulm 1846 - aweng asozial, aber immer antifaschistisch!
am 31.01.2021Deshalb: Nein zu diesen Verwirrten!
Kapitalismuskritik: immer, und zwar von links!
Aber keinen Fußbreit diesen antisemitischen…