Egon Manz, der Ex-Polizist, ist auch stellvertretender CDU-Kreisvorsitzender und pikanterweise Vorsitzender des Arbeitskreises Innere Sicherheit der Mannheimer CDU. Er war von Kontext befragt worden und hatte anfangs nur windelweiche Erklärungen parat, was seine "Jungpatrioten" im Haus der Burschenschaft Normannia da veranstalteten: etwa das Schlagen mit Gürteln ("Gürtelung") eines jungen Burschenschafters, antisemitische Schmähungen wegen dessen jüdischer Familiengeschichte und Hitlergruß-Kultur.
Hatte Egon Manz anfangs noch versucht, den ganzen Skandal unter "Wir haben nichts gewusst" oder "Ich habe alles getan, um das Problem der Normannia zu lösen" einzuordnen, wurde inzwischen immer deutlicher, dass die Alten Herren durchaus involviert waren. Zumindest ab August 2019, als ein Brandbrief eines Jung-Burschenschaftlers bei ihnen einging. Der, obwohl selbst in rechtsextremen Kreisen verbandelt, schilderte drastisch, wie es bei der Normannia zuging – mit AfD-Jugend und Mitgliedern der "Identitären Bewegung". Manz dazu: "Ich dachte, das wäre ein Racheakt, das habe ich damals nicht überprüft. Ich habe mir nichts vorzuwerfen." In aufgetauchten Protokollen der Normannia wurde auch empfohlen, die Dinge nicht an die Öffentlichkeit kommen zu lassen, sondern "intern zu regeln".
Probleme bekam Egon Manz auch mit seinem CDU-Kreisverband und vor allen Dingen der SPD im Mannheimer Stadtrat. Die forderten Aufklärung und Distanzierung von den Normannen, dem Egon Manz dann auch nachkam: Er trat kurzerhand aus der Normannia aus, allerdings nicht ohne noch ein Foto zu verharmlosen, auf dem ein Alter Herr neben einem Jung-Burschenschaftler sitzt, der gerade den Arm zum Hitlergruß erhebt, während der Alte mit dem Bierkrug die gleiche Haltung einnimmt. Manz: Der Alte Herr habe den Jungen wohl nicht gesehen, weil er nach vorne geschaut habe. Dieser Alte Herr war Markus Prien, Geschäftsführer der MVV-Regioplan in Mannheim – und der ist seinen Job mittlerweile los.
Markus Prien und ein anderer Alter Herr, Christian Schaar, ehemals Vorsitzender der rechtsextremen "Jungen Landsmannschaft Ostpreußen", haben die Normannia im Streit verlassen. Nach der Auflösung der "Aktivitas" (der jungen Burschenschaftsgruppe) haben offensichtlich auch weitere Alte Herren die Flucht ergriffen. Etwa der Alte Herr David Milleker, ehemals Chefvolkswirt der Union Invest und jetzt freigestellter Betriebsrat. Egon Manz in der Heidelberger "Rhein-Neckar-Zeitung", die ausführlich an diesem Fall arbeitet: "Viele sitzen auf gepackten Koffern." Aber nicht alle sind weg: etwa auch einer der "Jungpatrioten", Luis S., Aktiver der Identitären Bewegung. Er war Beteiligter an der "Gürtelung" damals und lebt noch im Normannia-Haus, "weil er einen Mietvertrag hat", so Manz.
Auch der Verfassungsschutz prüft
Inzwischen kommen immer neue Informationen und Fotos zum Leben der Normannia-Oberen ans Tageslicht. Etwa auch ein öffentlicher Auftritt von Egon Manz als Alter Herr in den Farben der als rechtsextrem verschrienen Burschenschaft "Salamandria" aus Dresden. Die einst so hochgehaltene burschenschaftliche Parole "Ehre, Treue, Vaterland" ist mittlerweile zum publizistischen Ramschartikel geworden. Wie viele der ursprünglich 96 Alten Herren der Normannia noch an den gemütlichen Abenden mit patriotischer Gesinnung und Saufkultur festhalten, ist momentan nicht herauszufinden.
Der noch amtierende Alte-Herren-Vorstand Gunnar Heydrich hat schon vor Wochen "tiefgreifende Einschnitte" für die Burschenschaft angekündigt: etwa den "aktiven Einsatz für den freiheitlich demokratischen Rechtsstaat" oder die "besondere Verantwortung Deutschlands für die Opfer des Nationalsozialismus" und die "Ablehnung jedes Extremismus" – wie jetzt auf den Internetseiten der Normannia zu lesen. Nicht erstaunlich, dass solcherart programmatischen – und womöglich schmerzhaften – Bekenntnisse als "tiefer Einschnitt" gesehen werden. Heydrich will damit wohl eine Neuaufstellung der Normannia in Heidelberg in die Wege leiten.
2 Kommentare verfügbar
chr/christiane
am 31.10.2020Könnte man doch in dem Gebäude eine linke Urbane Wohngemeinschaft verwirklichen.