Wie rassistisch also ist die AfD? Wie weit rechts steht die Partei der Europaskeptiker? "Die AfD ist eine Partei des rechtsintellektuellen Milieus", sagt Anton Maegerle, "der parteipolitische Arm des 'Junge Freiheit'-Milieus". Seit Jahren beobachtet der Rechtsextremismus-Experte und Publizist die extrem rechte Szene, durchforstet rechtskonservative Publikationen wie die "Junge Freiheit", "eigentümlich frei", die "Blaue Narzisse" oder die der österreichischen FPÖ nahestehende "Zur Zeit". Sein Gedächtnis der rechten Szene stapelt sich in Ordnern vom Keller bis unters Dach und liegt wohlgeordnet auf seinem Server.
Maegerle kennt seine rechte Kundschaft und ihr Umfeld. Aufmerksam verfolgt er, dass etwa Hans-Olaf Henkel mehrfach der "Jungen Freiheit" als Interviewpartner zur Verfügung stand, einer Zeitung, die jahrelang vom Verfassungsschutz beobachtet und als rechtsextremistisch eingestuft wurde. Auch in der FPÖ-nahen österreichischen Zeitschrift "Zur Zeit" durfte sich Euro-Kritiker Henkel kürzlich über zwei Seiten lang über die Notwendigkeit eines Nord-Euro auslassen. Gemeinsam sei diesen neurechten Medien, zu denen auch die Internetseite "Politically Incorrect" gehört, dass sie, so Maegerle, unter anderem aktiv um christliche Leser werben und dabei konservativ-christliche oder traditionalistische Themen aufgreifen.
Umgarnt von rechtsextremistischen Kleinstparteien
Das bekam kürzlich auch Baden-Württembergs Kultusminister Andreas Stoch zu spüren. Der grün-rote Bildungsplan, der die Akzeptanz sexueller Vielfalt zum Thema machen, wurden von ebendiesen konservativ-christlichen Kreisen und von "Politically Incorrect" (nach eigenen Angaben proisraelisch und gegen eine Islamisierung Europas) aufgegriffen, die laut "Spiegel"-Recherchen Kontakte ins rechtsradikale Milieu pflegt. Dazu gesellte sich auch die baden-württembergische AfD, welche die vergangenen Protestdemos in Stuttgart nutzte, um für sich zu werben und zur nächsten Demo gegen den Bildungsplan Anfang April aufzurufen.
Doch es ist nicht nur dieses rechtskonservative Milieu, von dem die AfD getragen wird. "Noch ist die AfD keine zuwanderungsfeindliche, islamophobe Partei", warnt der Migrationsforscher Klaus J. Bade, "aber sie wird zunehmend von rechtspopulistischen, rechtsextremistischen und islamfeindlichen Kleinstparteien umgarnt." Und manch einer von ihnen hat es schon in die Landesverbände der Partei geschafft. Wie etwa Jens Eckleben, ehemaliger Hamburger Landesvorstand der als kulturrassistisch eingestuften Partei "Die Freiheit". Das war, bevor die AfD in ihrem Mitgliedsantrag den Passus einführte: Aufgenommen wird nur, wer nicht Mitglied in einer rechtsextremen Partei ist.
Doch "Bananen-Nolte" ist immer noch dabei und hat es zum Vizechef der Jungen Alternative (JA) gebracht. Den Beinamen hat sich Benjamin Nolte, 31, – einst aktives Mitglied der rechten Münchner Burschenschaft Danubia, deren Aktivitas vom bayerischen Verfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestuft wird und der er als Alter Herr immer noch angehört – im Dachverband der Deutschen Burschenschaften gemacht. Das hat die taz aufgedeckt. Weil die Kölner Verbindung Alemannia ein dunkelhäutiges Mitglied zum Kommers aufgestellt hat, war es 2009 zum Eklat im Dachverband gekommen. Die Alemannia zog ihre Teilnahme zurück, Benjamin Nolte, damals noch Mitglied der Libertas Brünn zu Aachen, hat daraufhin den Mitgliedern der Alemannia eine Banane überreicht. Bei der JA ist Nolte heute für den Aufbau der JA-Akademie zuständig, die der politischen Fortbildung Jugendlicher dienen soll.
Junge Alternative: ein bisschen konsequenter und damit weiter rechts
Und nun die JA-Veranstaltung mit Nigel Farage, gegen den ausdrücklichen Wunsch der Professoren aus der AfD, die mit dem rechtspopulistischen Eiferer von der Insel nicht in einen Topf geworfen werden wollen. Dessen Hauptziel heißt raus aus der EU, seine UKIP vermengt Fremdenfeindlichkeit und Homophobie mit dieser Parole. "Wir sind halt ein bisschen frech. Und ein bisschen konsequenter als die AfD, die ständig auf alle Rücksicht nehmen muss", kokettiert Sven Tritschler, JA-Landesvorstand von Nordrhein-Westfalen. Die Veranstaltung der Jugendorganisation in Köln adelten übrigens auch AfD-Bundesvorstand Marcus Pretzell und Parteimitbegründer Martin Renner. Tut die Jugendorganisation also, was die Mutterpartei nur klammheimlich denkt?
Was bleibt, ist das Bild einer schillernden Partei, die mit dem rechten Rand mehr als flirtet. Die Professoren geben ihr einen seriösen Anstrich, manche Landesverbände und die Jungen Alternativen fischen ganz rechts nach Stimmen. Offiziell kann man sich dann voneinander distanzieren, doch inoffiziell versteht man sich prima. Die AfD ist ausgefranst am rechten Rand, das wird in der verräterischen Sprache mancher Mitglieder ebenso deutlich wie bei Funktionären wie Benjamin Nolte. Und auch die Freunde und Mitglieder der AfD liefern dazu ihren Beitrag.
Die sind zusammengeschlossen in der "Patriotischen Plattform" und gerieren sich im Internet als rechtes Sammelbecken. Da wird der Patriotismus "als von der Staatsmacht oder einem Führer politisch wirksam gemachtes Gemeinschaftsgefühl einer völkisch einheitlichen Gruppe" beschworen. Gründungsmitglied ist Eva Kahlmann, ehemals Mitglied der Kleinpartei "Die Freiheit", die vom bayerischen Verfassungsschutz beobachtet und als rechtsextremistisch eingestuft wird.
Hans-Olaf Henkel wird den Vorwurf des Rechtspopulismus beim Wahlkampf in Reutlingen nicht mehr so leicht wegwischen können wie noch am Aschermittwoch in Osterhofen – nicht nach dem Auftritt von Nigel Farage und den Enthüllungen zu Benjamin Nolte. Und auch die baden-württembergische AfD, die im April anlässlich ihres einjährigen Bestehens zum Sektempfang mit Reden des Professorenduos Lucke/Starbatty lädt, wird sich den Fragen nach dem rechten Rand stellen müssen.
15 Kommentare verfügbar
Dr. Diethelm+Gscheidle
am 10.04.2014falsche und darüberhinaus noch beleidigende Anrede ==> nicht gelesen!
Mit vorzüglicher Hochachtung
Dr. Diethelm Gscheidle
(Verkehrswissenschaftler & Dipl.-Musikexperte)