Im September 2017 ist Nicola Leibinger-Kammüller, Chefin des Ditzinger Maschinenbauers Trumpf, etwas passiert, was ihr nicht hätte passieren dürfen. Und zwar folgendes: Harald Schumacher, Reporter bei der "Wirtschaftswoche" (WiWo), hatte an einer Journalistenreise zur Eröffnung einer Smart-Fabrik von Trumpf in Chicago im US-Bundesstaat Illinois teilgenommen. Als das Event vorbei ist, kommt die Konzernchefin zusammen mit ihrem Mann Mathias Kammüller bei den Gästen und Journalisten vorbei, die an Stehtischen verteilt sind. Sie lädt ein, bei den Häppchen zuzugreifen. Schumacher, eine große, schlanke Erscheinung, (58 Jahre, 83 kg, 183 cm) lehnt höflich und mit dem Verweis auf seine Figur ab.
Was dann passiert, hat er am 7. März 2018 in der taz unter der Überschrift <link http: www.taz.de _blank external-link-new-window>"Ran an den Speck" so beschrieben: "Die Unternehmerin mustert mich von der Seite und entgegnet, ich hätte es doch nicht nötig, Diät zu halten. Das nicht, erwidere ich, verweise aber – verbal – auf zu viel Speck überm Gürtel. Daraufhin greift die Chefin über Milliardenumsatz, Tausende Mitarbeiter und Gesprächspartnerin politischer Topkreise kurz entschlossen zu. Sekundenschnell schiebt ihre Hand mein Jackett beiseite und kneift mir kräftig in die Hüfte." Ihren Namen nennt Schumacher zu diesem Zeitpunkt noch nicht, in der anschließenden Berichterstattung wird die 59-Jährige nur als "angesehene deutsche Unternehmerin" bezeichnet.
Seine Chefin, sagt nun ihr Sprecher Andreas Möller, sei an jenem Abend, wie viele Mitarbeiter des Unternehmens, in bester Laune gewesen. Wie das halt so sei, wenn man eine anstrengende Sache wie die Einweihung einer Fabrik hinter sich gebracht habe. Sie habe sich, trotz der vielen Trump-Wähler unter ihren Kunden im Rustbelt, kritisch über den US-Präsidenten geäußert und sei froh gewesen, dass die gesamte Veranstaltung so gut über die Bühne gegangen sei. Ebenso die Pressekonferenz mit deutschen und amerikanischen Journalisten.
Die Chefin sei eben empathisch, sagt der Sprecher
Gegenüber Schumacher sei überhaupt nichts sonderlich Erwähnenswertes vorgefallen, meint der Sprecher, der daneben stand und Augenzeuge war. "Sie kam zusammen mit ihrem Mann in die Runde und bat die Gäste wie eine gute Gastgeberin, beim Buffet zuzugreifen und den schönen Abend unter freiem Himmel zu genießen. Und sie hat Schumacher bei dessen Antwort, er müsse ablehnen, denn er sei auf Diät, kurz wohlwollend am Sakko gezupft", lautet seine Beobachtung. "So, wie man anderen flüchtig einen Fussel von der Schulter streift und dabei zugetan lächelt. Mehr nicht." Doch was immer auch passiert sein mag: Wer seine Chefin kenne, wisse, wie die Geste gemeint gewesen sei – freundlich, zustimmend und empathisch. So wie Frau Leibinger-Kammüller sei, sagt Möller.
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Friedrich Helmke
am 18.02.2019