"Manche Männer denken nun, sie dürften nicht mehr flirten? Dass die Frau sich bedrängt fühlen könnte und denkt, 'das macht er doch nur, weil er mich in die Kiste kriegen will'."
"Das ist eine sehr eingeschränkte Sichtweise auf das Ganze. Es geht darum, dass Machtverhältnisse geändert werden. Das hat doch mit Flirten nichts zu tun."
Er habe den Eindruck, sagt Siller, dass die MeToo-Debatte bei manchen Männern eine große Verunsicherung ausgelöst hat. "Ja, klar!", bestätigt Schorlau, "das ist doch wunderbar". Im Augenblick werde das Verhältnis neu definiert und man bewege sich auf unsicherem Grund. "Aber der ist besser, als der sichere Grund, der so beschissen war wie der vorherige", sagt der 66-jährige Krimiautor, Schöpfer des Privatermittlers Georg Dengler.
Manchmal wird er auf der Straße mit dem Namen seines Protagonisten angesprochen. "Herr Dengler, Mensch, ich freu mich, dass ich Sie mal persönlich treffe!" Das sei zwar immer überraschend, aber es freue ihn auch, sagt Schorlau. Und in gewisser Weise habe ein Schriftsteller, insbesondere beim Schreiben von Kriminalromanen, auch etwas von einem Ermittler. In seinem Fall arbeitet Dengler immer akribisch und braucht 448 Seiten.
"Man muss über Krimis immer vorsichtig sprechen, damit man das Ende nicht verrät", sagt Siller.
"Warst du überrascht?", fragt Schorlau.
"Ja! Das ist doch gut, oder?"
"Na, das freut mich."
"Es geht in deinem neuen Roman um Griechenland, die sogenannten Rettungspakete, die in Wirklichkeit keine waren. Wo ist das viele Geld, wo sind die 250 Milliarden Euro angekommen?"
Es sei interessant gewesen, sagt Schorlau, dass es zwar eine überbordende Berichterstattung zu dem Thema gab – "Unser Geld! Und die Griechen verbraten es!" – "aber man konnte nirgends erfahren, auf welchen Konten das Geld letztlich gelandet ist. Und da dachte ich, da muss jetzt der Georg Dengler mal ran." In Griechenland bei den Menschen sei es jedenfalls nicht angekommen. Schorlau hat dort zusammen mit dem Journalisten Ekkehard Sieker recherchiert.
"Was hat sich dir da geboten?"
Schorlau erzählt von völlig maroder Gesundheitsversorgung, von Bürgerinitiativen und Ärzten, die nach Feierabend freiwillige Arbeit leisten. "Es ist ein Fiasko, mitten in Europa. Eines von unvorstellbarem Ausmaß." Aber er hat sich nicht nur mit der finanziellen Situation der Griechen und der Troika befasst ("Alle Beteiligten kommen aus dem großen Bankgeschäft, das ist wie eine kleine Betriebsversammlung."), sondern auch mit der Geschichte des Landes.
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