Leopold Harder stand auf, ging zum Computer und rief eine Grafik auf.
"Diese Namen sollten wir uns merken", sagte er.
Leopold Harder stand auf, ging zum Computer und rief eine Grafik auf.
"Diese Namen sollten wir uns merken", sagte er.
"Draghi ist Präsident der Europäischen Zentralbank. Die anderen Namen kenne ich nicht", sagte Olga.
"Griechen kennen Papadimos und Christodoulou", sagte Petros Koronakis. "Leider."
"Diese Personen haben das griechische Staatsdefizit innerhalb kürzester Zeit halbiert", sagte Harder. "Die Vorgaben der Europäischen Union wurden erreicht, und Griechenland wurde Mitglied der Eurozone. Es ging plötzlich alles sehr schnell."
"Ich erinnere mich gut", sagte Petros. "In Griechenland wurde das gefeiert. Wir waren nun ein vollwertiges Mitglied der Europäischen Union."
"Spann uns nicht auf die Folter", sagte Dengler. "Wie gelang es Griechenland, seine Schulden zu reduzieren?"
"Das verdankt die griechische Regierung der Investmentbank Goldman Sachs. Eine ihrer führenden Köpfe ist die Bankerin Antigone Loudiadis, von ihren Freunden einfach nur Addy genannt." "Leo, es ist spät geworden. Komm bitte zur Sache", sagte Dengler.
"Jawohl, Herr Hauptkommissar", sagte Harder, und Denglers Stirn legte sich in Falten.
Leopold Harder fuhr fort: "Goldman Sachs, eine der ganz großen Investmentbanken der Welt, schnürte ein hübsches Paket zusammen mit dem Gouverneur der griechischen Zentralbank ..."
"Loukas Papadimos", warf Petros ein.
"Genau", sagte Leopold. "Mit Loukas Papadimos. Sie nahmen zwei weitere Banken ins Boot, die JP Morgan Bank und die schweizerische UBS. Sie gaben der griechischen Regierung einen Kredit von 2,8 Milliarden Euro in Form von Swaps."
Er hielt inne. "Leider weiß ich nicht, wie ich in aller Kürze erklären soll, was Swaps sind", sagte er.
"Da kann ich helfen", sagte Jakob.
"Aber bitte nicht mehr heute Abend", sagte Dengler.
Olga unterdrückte ein Gähnen und nickte.
"Der große Plan" ist Wolfgang Schorlaus neunter Dengler. Diesmal deckt der Stuttgarter Privatermittler die Machenschaften der "Euro-Retter" auf. Im Mittelpunkt steht die EU-Beamtin Anna Hartmann, die entführt worden ist. Was hatte sie mit der sogenannten Griechenland-Rettung zu tun? Das Buch erscheint im Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln, hat 448 Seiten und kostet 14,99 Euro. Vorabdruck mit freundlicher Genehmigung des Verlags. (jof)
"Kredite in Form von Swaps waren damals neu und mussten weder im Staatshaushalt verbucht noch an das Europäische Statistikamt Eurostat gemeldet werden. Zusätzlich wurde dieser Kredit erst in Dollar, dann in japanische Yen umgetauscht; und zwar zu fiktiven Wechselkursen. Die Schulden schmolzen bei jeder Aktion auf wundersame Weise. Goldman Sachs nahm für diese Operation 600 Millionen Honorar."
"Das alles war Anna Hartmann bekannt?", fragte Dengler.
Petros nickte. "Sie hat mir davon erzählt. Sie war voller Bewunderung für Frau Loudiadis und die Raffinesse von Goldman Sachs."
"Du hast sie nicht vom Gegenteil überzeugen können?", fragte Leopold Harder.
"Um ehrlich zu sein", sagte Petros, "ich hatte Probleme, überhaupt zu verstehen, wie Goldman Sachs diesen gigantischen Schuldenberg in kurzer Zeit verschwinden ließ. Ich hatte immer mehr mit den Verwüstungen zu tun, die diese Leute angerichtet haben." Er deutete auf die Namen auf dem Bildschirm.
"Ich höre immer von Verwüstungen in Griechenland", meldete sich Martin Klein. "Die Griechen bekamen Milliarden von uns, und was haben sie daraus gemacht? Nichts! Milliarden, sag ich euch. Die verschwinden in Griechenland im Sand oder im Meer, versickern irgendwo und wir zahlen und zahlen und ..."
Dengler stoppte ihn mit einer Handbewegung. "Martin, du bist als Nächster an der Reihe. Aber wir verschieben deinen Beitrag auf das nächste Zusammentreffen. Es ist jetzt einfach zu spät geworden."
"Was ist mit den beiden anderen Namen auf deiner Liste?", fragte Olga.
"Zu dieser Zeit war Mario Draghi einer der Chefs von Goldman Sachs in London. In seiner Abteilung wurde der Swap-Deal ausgedacht, auch wenn er heute behauptet, er habe nichts davon mitbekommen. Später wurde er Präsident der Europäischen Zentralbank und war direkt mit den Folgen dieses Deals befasst. Loukas Papadimos, die griechische Hand bei der Verschleierung der griechischen Staatsschulden durch Goldman Sachs, wechselte danach zur EZB und wurde dann ..."
"Unser Regierungschef!", sagte Petros. "Doch er wurde niemals gewählt. Er galt als parteiloser Spezialist, ein Technokrat. Er kam ins Amt, als der gewählte Giorgos Papandreou wegen der Schulden zurücktrat."
"Solchen Leuten geben wir unser Geld", rief Martin Klein dazwischen.
Dengler runzelte die Stirn, und Klein murmelte: "Ist doch wahr", schwieg dann aber.
Leopold sagte: "Dann haben wir den vierten 'Helden' der neueren griechischen Tragödie: Petros Christodoulou."
"Ich kann nichts dafür, dass wir den gleichen Vornamen tragen", sagte Petros.
"Im Jahre 2000 wurden mithilfe von Goldman Sachs und des Swap-Kredits die Schulden Griechenlands dezimiert. Deshalb wurde das Land im Jahr 2001 Mitglied der Eurozone. Doch schon drei Jahre später stiegen die Schulden aus dem Swap-Deal um das Doppelte, und nun kam die große Stunde von Antigone Loudiadis. Sie fuhr nach Athen und sorgte dafür, dass die Swaps an die griechische Nationalbank verkauft wurden. Deren Chef war Petros Christodoulou. Ich hab ein Interview von ihm in dem Film 'Wer rettet wen?' gefunden, aus dem möchte ich euch mal ein Zitat vorlesen, damit ihr einen Eindruck von dem Typen bekommt."
"Kam der denn auch von Goldman Sachs?", fragte Mario.
"Klar", sagte Leopold. "Bei Goldman Sachs hatte er schon an ähnlichen Schuldenverschleierungsaktionen mitgemacht. Papadimos holte ihn in seinen Job."
Leopold Harder zog ein Blatt Papier heraus. "Er sagte wörtlich: 'Die Finanzindustrie ist dem Regulator immer ein oder zwei Schritte voraus. Sie erfindet etwas, der Regulator kapiert es, stoppt es, dann erfindet sie etwas Neues. Das ist eine Lebensregel. Die Finanzindustrie wird den Vorschriften immer voraus sein.' Also, in diesem Fall erkannte Eurostat erst 2008 diese Praxis, Swaps zu nutzen, um Schulden zu verstecken. Und im Jahr 2009 sagte Eurostat: 'Leute, jeder enthüllt, was er gemacht hat, welches sind eure Swaps?' Das ist der Moment, in dem Griechenland ein bisschen die Zielvorgaben verfehlte."
"... ein bisschen die Zielvorgaben verfehlte – das ist lustig", sagte Jakob.
Leopold Harder fuhr fort: "Statt den Deal aufzudecken, versteckte Petros Christodoulou ihn. Zusammen mit Goldman Sachs gründete er die Briefkastenfirma Titlos und lagerte die Swaps dorthin aus. Interessant ist: Es ist dieselbe Adresse wie die einer Firma namens Wilmington Trust. Diese Firma verwaltet im Auftrag der EU und des IWF die Gelder des Rettungsschirms. Und die beiden Direktoren des Wilmington Trust sind zugleich die Chefs von Titlos."
Harder drückte eine Taste, und auf dem Bildschirm erschien eine neue Grafik:
"Das ist das Personalkarussell, das ich untersuchen sollte", sagte Leopold und setzte sich.
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1 Kommentar verfügbar
Andromeda Müller
am 10.03.2018vielen Dank auch für diesen Artikel , der das Niveau hier hochhält.
Bzgl. Banken möchte ich nur erinnern an :
1. Das Märchen von ...." des Kabarettisten H.G.Butzko ( mit Einspieler von Dieter Hildebrandt)
https://www.youtube.com/watch?v=G7va0n85Bcc
Report München zum…