Es ist eigentümlich, wie sehr wir einen gewissen Schwachsinn in der Parodie und der Satire erkennen, ihn aber in der Praxis wirklichen Lebens ungeniert vorantreiben. Wozu ganz sicher das "Arbeitstheater" gehört. Und das ist nun mal eine männliche Erfindung, gleich, wie viele Frauen sich daran beteiligen mögen. Es geht darum, einen Vorgang möglichst ausufernd zu gestalten und alles, was dieser Ausuferung widerspricht, der Faulheit zuzuordnen, einer Faulheit, die im Schlaf und im Tod kulminiert. Was ja auch ein Grund in unserer Gesellschaft dafür sein dürfte, dass das "Ausschlafen" derart verpönt ist, so als sei um neun Uhr morgens das Leben schon halb vorbei.
Das Ausschlafen erscheint als Einflüsterung des Teufels
Wenn in Wintertagen kleine Kinder mit riesigen Schultaschen auf dem Rücken durch die Dunkelheit marschieren, um rechtzeitig verschlafene Schulautobusse oder verträumte erste U-Bahnen zu erreichen, ist dies ein Bild des Elends unseres Fleißes. Das Ausschlafen – wie der Mittagsschlaf auch – erscheinen als Einflüsterungen des Teufels, so effektiv sie biochemisch gesehen auch sein mögen. Lieber ein "rotes Auge" von all der Übernachtigkeit als der Eindruck von Ausgeruhtheit, so sehr wohl mancher kluge Gedanke einem Moment des Ausruhens zu verdanken wäre und einem so manches Dumme erspart bliebe, hätte man es verschlafen.
Es gehört zu den wiederkehrenden Ritualen des Arbeitstheaters, wenn mächtige Männer und die ihnen in die Macht gefolgten mächtigen Frauen Verhandlungen führen, die sich über Tage und Wochen ziehen und vor allem mit Bedingungslosigkeit auch in den Nachtstunden geführt werden. Gleich ob es um eine Koalition, einen Lohnabschluss oder das Weltklima und das Weltganze geht. Wenn all die Verhandler und Verhandlerinnen nach Ewigkeiten vor die Kameras und Mikrophone treten, suggerieren sie vor allem eines: Übermenschliches vollbracht zu haben. Quadraturen von Kreisen. Und dass all diese aus Kreisen geschöpften Quadrate nur möglich waren, weil die Verhandler und Verhandlerinnen größenwahnsinnigerweise die Nacht zum Tag gemacht haben, etwas, das eigentlich Göttern vorbehalten sein sollte.
Das Übel der solcherart von Männern generierten Welt ist ihre Verkomplizierung. Was überhaupt nur geht, weil die männliche Welt über genügend Zeit verfügt, um etwa Dinge, die gar nicht breit angelegt sind, breit zu machen. Paradoxerweise dort eine Enge entstehen zu lassen, wo eigentlich genügend Platz wäre. Dort drei Termine anzusetzen, wo einer völlig ausreichend wäre.
Wenn man mich fragt, was mir der Feminismus gebracht hat, dann zu erkennen, wo im Leben ich wirklich gebraucht werde und wo im Leben ich ein Theater spiele.
Der Akt des Staubwischens muss nicht halbiert werden
Ich will ein Beispiel bringen. Als ich von meiner präsenten Mutter und meinem absenten Vater ins Erwachsenenleben und also in eine erste eigene Wohnung entlassen wurde, da war ich in Bezug auf das Zubereiten von Speisen gerade mal in der Lage, eine Dose zu öffnen – und somit entwicklungstechnisch einen nur sehr kleinen Schritt von meiner Hauskatze entfernt. Meine erste Freundin war eine Emanze, wie das damals hieß, und hatte nicht die geringste Lust, dem Vorbild ihrer eigenen Mutter zu folgen und einen im Arbeitstheater vollständig aufgehenden Ehemann in einer Weise zu bekochen und zu ernähren, die eigentlich etwas Frankensteinhaftes besitzt.
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Hartmut Winkelmann
am 10.03.2018