Von der Bühne herab schüren autodidaktische Windkraftexperten Ängste, prophezeien Unheil, sollte einer der geplanten "Monsterwindparks" in der Nähe von Krauchenwies, Rulfingen, Pfronstetten oder Bitz gebaut werden. "Wir sind mittendrin in einem medizinischen Großversuch", warnt ein Physiker vor angeblichen Gesundheitsschäden durch unhörbaren Infraschall, was die Menge mit ohrenbetäubenden Trillerpfiffen goutiert. Ein "Windkraft-Betroffener" aus dem Schwarzwälder Schuttertal erzählt, wie "Infraschall richtig gegen die Atmung arbeitet", was auch den Demo-Ordner zum Klatschen animiert, der gerade den Rauch einer Selbstgedrehten inhaliert.
Die Windkraftgegner machen Werbung für die AfD
Zwischendrin rechnet ein Landschaftsarchitekt vor, warum Solar- und Windstrom ohnehin keinen Sinn machen: "Der Pegel des Bodensees müsste um hundert Meter angehoben werden", malt er die fehlenden Speicherkapazitäten für regenerativen Strom aus. Und: "Klimaschutzeffekte sind sowieso nicht nachweisbar", darf er behaupten, ohne dass jemand widerspricht.
Es ist ein buntes Häufchen, das sich mit den üblichen Halb- und Unwahrheiten gegen neue Rotoren im Land wehrt. In Sigmaringen pfeifen junge Familien mit Kleinkindern genauso wie Ehepaare im Rentenalter auf die Energiewende. Die meisten entstammen einer konservativ geprägten Landbevölkerung, für die das "Wuam, wuam" der Rotorblätter "wie Bassgeigen" klingt – und nicht nach Kontrabass, wie das Streichinstrument im heutigen Sprachgebrauch heißt. Zu ihnen gesellen sich Esoteriker (<link https: www.kontextwochenzeitung.de gesellschaft hansi-mueller-und-die-windkraft-verschwoerer-3303.html _blank external-link>Kontext berichtete) wie die vom Verein für Homa-Therapie, die in Sigmaringen "im aktiven Einsatz gegen den Windpark Hilpersberg" sind. "Bundestagswahl 2017: Keine Stimme für Windkraftbefürworter", verlangen Demo-Aufkleber und meinen, man solle das Kreuz am kommenden Sonntag nicht, wie hier üblich, bei der CDU machen, sondern unausgesprochen bei der AfD. Denn die Rechtspopulisten sind die Einzigen hierzulande, die den Klimawandel leugnen, Windräder für Teufelszeug halten und zurück zu Atom, Kohle und Öl wollen.
Für Christdemokraten, die in Baden-Württemberg lange das Sagen hatten, haben sich die Zeiten geändert. Das muss auch Thomas Bareiß erkennen, als er als Gastredner an die Windkraftgegner appelliert, auch mal "den gesunden Menschenverstand" einzuschalten: "Wenn wir – zu Recht – aus der Atomkraft und Stück für Stück aus der Braunkohle aussteigen, dann müssen wir bei den Erneuerbaren einsteigen und brauchen dafür auch die Windkraft", sagt der energiepolitische Sprecher der CDU-Bundestagsfraktion, was mit Buhrufen und Pfiffen quittiert wird. Natürlich dürften neue Windmühlen nur im Einklang mit Mensch und Natur entstehen, sagt er und kündigt an, nach der Bundestagswahl auch hierzulande für die sogenannte Öffnungsklausel zu kämpfen.
9 Kommentare verfügbar
Wolfram von Specht
am 24.09.2017was ich echt nicht kapiere ist, warum Sie sich an diesen ahnungslosen Windkraftgegnern in der Prärie abarbeiten. Kontext ist ein Ergebnis zivilgesellschaftlichen Engagements und deshalb muß es doch heißen: Nicht schimpfen, sondern selber machen: Wenn ich auf dem platten Land…