Im Grunde ist Klaus Lipps ein fröhlicher Mensch. Einer, der sein Gegenüber mit freundlich-neugierigen Augen ansieht, wach durchs Leben geht und mit seinem badischen Singsang skurrile Lokalpossen aus seiner Heimatstadt Baden-Baden zum Besten gibt. Wie die von der Baustelle, die ausgebuddelt und wieder zugeschüttet wird, um dann wieder ausgebuddelt zu werden, alles nur wegen der G-20-Finanzminister, die in der Kurstadt getagt haben (wir berichteten). Doch es gibt ein Thema, das den 75-Jährigen bis heute nicht loslässt. Das sich eingefressen hat in sein Leben und noch heute sein Lächeln gefrieren lässt. Die Geschichte der Berufsverbote ist auch seine Geschichte, die nicht Vergangenheit werden will.
Zwölf Jahre lang musste der Mathe-, Französisch-, und Sport-Lehrer dafür kämpfen, weiter unterrichten zu können. Zwölf Jahre, in denen er drei Prozesse gewann. Zwölf Jahre in den 70er und 80er Jahren, in denen er sich einen Panzer zugelegt hat gegen den Druck, der auf ihm lastete und ihn aus dem Beruf, den er liebte, heraus zu drängen drohte. Längst ist Lipps pensioniert. Doch diese zwölf Jahre haben den Mann geprägt, dem seine Mitgliedschaft in der DKP zum Verhängnis geworden war. "Der Radikalenerlass ist und bleibt mein Thema", sagt Lipps in seinem Wohnzimmer, in dem die CD-Sammlung an die Decke wächst und wo aus dem Arbeitszimmer wie bestellt der Aufkleber mit der Maus herüberblitzt. "Sei keine Duckmaus, aktiv gegen Berufsverbote".
Ausgerechnet der Ex-KBWler Kretschmann tut nichts
Seit fünf Jahren kämpft er um seine verletzte Ehre ("Ich bin kein Verfassungsfeind"), um eine Entschuldigung der Politik und um finanzielle Entschädigung von Berufsverbot-Opfern. Lipps ist kein Einzelkämpfer. Er ist Sprecher der Initiativgruppe 40 Jahre Radikalenerlass, die sich vor fünf Jahren gegründet hat. Und ein zäher Kämpfer, der noch heute auf die Straße geht. Gegen die Politik der G20 in Baden-Baden ("Ich war immer gegen das Kapital, aber für die Verfassung"), in Sachen Berufsverbot zuletzt vor einem Jahr. Vor dem Stuttgarter Landtag hielt Lipps bei der letzten Plenarsitzung im Februar 2016 trotzig sein Schild hoch. "Schämt euch!" stand darauf. Denn das konnte er nicht fassen: Ausgerechnet unter Grünrot. Ausgerechnet unter einem Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann, der einst selbst als KBW-Mitglied vom Berufsverbot bedroht war. Ausgerechnet in Baden-Württemberg hat sich nichts bewegt.
4 Kommentare verfügbar
doro
am 01.11.2019Am Besten schon in der Schule. Machen die Lehrer nicht mit, gibt's paar auf den Deckel vom BMfB. So läuft's inzwischen überall in den Berufskasten.…