Zu den Mitgliedern des KKK gehörte unter anderem der Gruppenführer der ermordeten Polizistin Kiesewetter, Timo Hess. Aufzeichnungen einer Videokamera zeigen ihn am Tattag vor dem Bahnhof von Heilbronn. Unbestätigten Angaben zufolge soll er sich dort mit Nelly Rühle getroffen haben. Die Friseurin bestreitet das.
Ein Mitarbeiter des LfV Baden-Württemberg warnte Klan-Führer Schmid, dass dieser vom Verfassungsschutz abgehört werden sollte. Der Verfassungsschützer wurde daraufhin wegen Geheimnisverrats ins Regierungspräsidium versetzt. Den ehemaligen LfV-Mann zog es kurz nach dem Mord an Michèle Kiesewetter nach Kanada, wo er zeitweilig auf einer Ranch lebte. Dorthin soll unbestätigten Angaben zufolge etwa zur gleichen Zeit auch die Schwester der Friseurin Nelly Rühle gekommen sein.
Der Bericht der "EG Umfeld" hält im Zusammenhang mit dem KKK fest, "keine der in dem Bericht der EG Umfeld genannten Personen" sei vom LKA Baden-Württemberg oder einer Polizeidienststelle des Landes als Vertrauensperson eingesetzt worden. Das stimmt zwar. Allerdings kaschiert diese Aussage, dass eine andere Landesbehörde sehr wohl direkten Kontakt zum KKK unterhielt: das Landesamt für Verfassungsschutz. Dessen langjähriger Präsident, Helmut Rannacher, musste vor dem Berliner U-Ausschuss zugeben, dass Klan-Führer Achim Schmid von 1994 bis 2000 für seine Behörde als Informant in den Bereichen NPD und Skinheadmusik tätig war.
Anschließend arbeitete Schmid für den sächsischen Verfassungsschutz: Die Behörde setzte Schmid 2001 in der Operation "Terzett" auf Zschäpe, Böhnhard und Mundlos an. Davon erfuhren die baden-württembergischen Behörden laut Bericht der "EG Umfeld" erst im Juli 2013, also nach Bekanntwerden des NSU.
Inzwischen ist zudem bekannt, dass auch das Bundesamt für Verfassungsschutz mit dem V-Mann Thomas Richter (Deckname "Corelli") einen Informanten im KKK platziert hatte. Richters Name steht auf der Jenaer "Garagenliste" von Uwe Mundlos. Richter wird im Bericht der EG Umfeld nur in einem einzigen Satz mit den Initialen T. R. erwähnt, in dem es kurz und knapp heißt, ein Kontakt Richters zum NSU liege laut LKA nicht vor.
Fotos aus den 1990er-Jahren zeigen Zschäpe, Böhnhardt und Mundlos vor brennenden Kreuzen, ein Ritual, wie es der Ku-Klux-Klan pflegt. Auf den Fotos ist unter anderem auch Markus Friedel zu erkennen, ein Bekannter der drei aus Jena, der 1994 nach Heilbronn zog.
Trotz dieser Fülle an rechten Kadern, die in der Vergangenheit zum Teil wegen eindeutig gewalttätiger Aktionen sogar strafrechtlich verfolgt wurden, sieht Innenminister Gall keine vergleichbaren Terrornetzwerke oder Zellen wie den NSU in Baden-Württemberg, "die logistisch zu derartigen Delikten in der Lage" gewesen wären. Dass Mitglieder der hiesigen Neonaziszene sehr wohl eigenständige Anschlagsplanungen verfolgten, beweisen mehrere Razzien in der vergangenen Monaten. Ziel der Ermittlungen waren laut Ermittlungsbehörden im Land unter anderem Neonazis aus dem Raum Freiburg, die Bombenattentate auf politische Gegner geplant haben sollen. Andernorts hoben die Behörden beträchtliche Waffenarsenale aus.
Immerhin: Im Innenausschuss waren sich die Abgeordneten aller Parteien einig, dass die Politik sich aus gegebenem Anlass in Zukunft verstärkt mit dem Thema der rechten Gewalt beschäftigen muss.
Weitere Details zu Verbindungen des NSU in Baden-Württemberg und möglichen Konsequenzen aus dem Bericht der EG Umfeld in der nächsten Kontext-Ausgabe.
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Wolf
am 23.02.2014