Stell dir vor, es sind Wahlen und keine:r geht hin. Am vergangenen Sonntag konnten die Wahlberechtigten in Mannheim abstimmen, wer Baden-Württembergs zweitgrößte Stadt die nächsten acht Jahre als Gemeindeoberhaupt vertreten soll. Doch die große Mehrheit von 69,1 Prozent verzichtete auf demokratische Teilhabe. Die Stimmabgabe hätte durchaus ins Gewicht fallen können: Im zweiten Wahlgang konnte sich CDU-Kandidat Christian Specht mit einem Vorsprung von exakt 800 Stimmen gegen Thorsten Riehle von der SPD durchsetzen – bei 234.861 Wahlberechtigten in der Stadt.
Auf einem niedrigen Niveau war die Beteiligung damit immerhin noch größer als 2015: Damals stimmten nur 28,7 Prozent über ihren Oberbürgermeister ab. Die entscheidende Frage bleibt ungeklärt: Was bedeutet es eigentlich für eine Demokratie, wenn nur noch eine Minderheit mitmacht?
Traditionell ist die Partizipation an Wahlen in Mannheim unterdurchschnittlich. Mit Blick auf die einzelnen Stadtbezirke müssen die aktuellen Ergebnisse als Alarmsignal verstanden werden. Insbesondere in den einkommensärmeren Quartieren scheint kaum noch jemand von der Relevanz einer Stimmabgabe überzeugt: Herzogenried 9,9 Prozent, Neckarstadt-West 9,5 Prozent, Wohlgelegen 8,5 Prozent, Schönau-Nord 8,5 Prozent, Waldhof-West 6,0 Prozent, Hochstätt 5,3 Prozent. Wer wählen geht, hat hier Exotenstatus.
Ein Wahlkampf ohne Kontroversen
Dabei stuft die Landeszentrale für politische Bildung (LpB) das Amt eines Bürgermeisters in Baden-Württemberg als Traumjob ein: "Eigentlich ist der von den baden-württembergischen Bürgern gewählte Gemeinderat 'Hauptorgan der Gemeinde'", schreibt sie. "Doch die kommunale Wirklichkeit sieht oft anders aus: Zentraler Akteur auf der kommunalpolitischen Bühne ist die (Ober-)Bürgermeisterin bzw. der (Ober-)Bürgermeister." So sei der Bürgermeister als einziges Mitglied des Gemeinderats an allen Phasen der kommunalpolitischen Gestaltung beteiligt: bei der Entscheidungsvorbereitung, bei der Beratung und Entscheidung im Gemeinderat und schließlich in der Phase der Entscheidungsausführung. Eine Besonderheit in Baden-Württemberg: In "dringenden Angelegenheiten", die keinen Aufschub zulassen, kann der Bürgermeister laut Gemeindeordnung sogar "an Stelle des Gemeinderats" entscheiden, auch wenn das in der Praxis eher selten vorkommt.
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Mannheim- Schönau, Tannowitzer Weg
am 12.07.2023