Die Ziele bleiben hochgesteckt. Mit der Kampagne "Nicht bei uns" wollten und wollen die Verantwortlichen "das Bewusstsein stärken für eine respektvolle, professionelle, im Einklang mit den Beamtenpflichten stehende Kommunikation". So soll ein Zeichen gesetzt werden gegen Diskriminierung und Extremismus. Ausdrücklich verlangte die frühere Spitzenbeamtin im Wirtschaftsministerium zum Auftakt vor einigen Monaten, "gemeinsam einen internen Wertewandel anstoßen", einschlägige interne Vorgänge nicht zu vertuschen und öffentliche Vorwürfe transparent aufzuarbeiten.
Jetzt wird aufgearbeitet: Von Inspekteur Andreas Renner wird berichtet, eine Untergebene in einer Weise bedrängt zu haben, die jedenfalls dazu führte, dass Hinz sofort durchgriff. Der 48-Jährige wurde mit einem Verbot zur Führung der Dienstgeschäfte belegt. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart ist eingeschaltet, das Disziplinarverfahren läuft. "Natürlich gilt, wie für jeden Verdächtigen oder Beschuldigten, auch hier der Grundsatz der Unschuldsvermutung", schreibt die Präsidentin in ihrem Mitarbeitendenbrief am 23. November. Sie halte es aber für ihre Pflicht zu informieren. Und dann schlug die Präsidentin den Bogen zu "Nicht bei uns". Die Polizei Baden-Württemberg habe sich nicht nur klar positioniert, sondern: "Diese Werte und Grundsätze sind nicht nur schöne Worte, sie werden bei uns gelebt."
Die Haltung hat Konsequenzen. Aus Singen wurde bekannt, dass Beamte im Februar, so der Landesverband Deutscher Sinti und Roma, spielende Kinder kontrolliert, rassistisch angegangen und einen Elfjährigen in Handschellen abgeführt haben. Aus Lörrach und Sigmaringen sind Übergriffe bekannt geworden. Jetzt gehe die Sorge um, sagt einer der Altgedienten bei der Stuttgarter Polizei, dass "immer mehr Kollegen den Wertewandel ernst nehmen und Vorstöße melden". Andere Bundesländer sind auch nicht eben Vorbilder. Im August hat ein hessischer Beamter in der "Frankfurter Rundschau" über Frauenfeindlichkeit und Sexismus unter Kollegen berichtet und darüber, dass "fast jeder" Einschlägiges auf seinem Handy habe.
Frauenhass und gewaltsexuelle Perversionen
"Ob das stimmt, lässt sich nicht überprüfen", schreibt die FR. Tatsache sei aber nach Einsicht in einschlägige Postings, dass Frauenverachtung in jenen Chatgruppen eine Rolle spielte, für die sich die Staatsanwaltschaft Frankfurt wegen der Verharmlosung nationalsozialistischer Verbrechen und wegen rassistischer Hetze interessiere. Der sexistische Teil rücke in der öffentlichen Debatte in den Hintergrund. Im Juli hatte eine Expertenkommission der Polizei in Frankfurt nach der Chat-Auswertung "eliminatorischen Frauenhass, verbunden mit gewaltsexuellen Perversionen" angeprangert.
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