Die grundlegenden Fakten zur Bahnbilanz 2020 sind bekannt: Es gab im vergangenen Jahr zum ersten Mal seit Gründung der DB AG 1994 einen massiven Umsatzrückgang. Es gab einen Rekordverlust von mehr als 5 Milliarden Euro. Und es gibt eine Rekordverschuldung von inzwischen 33 Milliarden Euro.
Das Top-Management des Bahnkonzerns ließ auf der Bilanzpressekonferenz natürlich verlautbaren, dass die Pandemie Schuld an diesen tiefroten Zahlen sei. Das Bündnis Bahn für Alle, dem ich angehöre, sieht das anders. Und belegte dies in einem 76-seitigen "Alternativen Geschäftsbericht Deutsche Bahn AG 2020/21", der – wie nunmehr zum zwölften Mal – am Tag vor der Bilanzpressekonferenz vorgestellt wurde. Danach gibt es eine strukturelle Krise des DB AG-Konzerns, die sich auf drei Ebenen festmachen lässt: Beim Abbau von Infrastruktur. Bei der Ausdünnung der produktiven Belegschaft und dem Aufbau eines aufgeblähten Wasserkopfs. Und drittens: Anhand der unverantwortlich steigenden Verschuldung.
Ausgedünnte Infrastruktur
Jahr für Jahr wird das Netz der DB ausgedünnt und ineffizienter. Das ist zum Beispiel erkennbar am fortgesetzten Rückbau der Gleislänge (also die Ausweich- und Nebengleise eingeschlossen). Und, besonders deutlich, an der Reduktion der Zahl der Weichen. 1994 gab es noch 133.000, 2012 dann 70.630 und 2020 nur noch 65.732. Die Zahl der Gleisanschlüsse hat sich sogar um 80 Prozent verringert, von 11.700 im Jahr 1994 auf 2.329 zum Stand 2020. Allein im vergangenen Jahr – und trotz Pandemie – wurde die Länge aller Gleise um fast 80 Kilometer gekürzt und 339 Weichen aus dem Netz herausgenommen.
Während das Straßennetz – übrigens in besonderem Maß in Baden-Württemberg – immer effizienter wird durch mehr und breitere Fahrspuren, durch mehr Parkplätze, neue und größere Raststätten oder neue Umgehungsstraßen – wird das Schienennetz in der Fläche immer starrer, ineffizienter und damit auch störanfälliger. In der Bilanz zeigt sich der DB-Konzern als ein Netzabbau-Unternehmen.
McKinsey statt Mitarbeiter
Der Bahnkonzern betreibt eine asymmetrische Personalpolitik. Im produktiven Bereich (Gleisbau, Stellwerker, Zugbegleiter, Lokführer, Bordrestaurant, Service, Instandhaltung) wurde die Beschäftigtenzahl im Zeitraum 1994 bis 2020 halbiert. Gleichzeitig gab es den Aufbau eines gewaltigen Heeres von Beschäftigten in Verwaltung und Management. Dieser in der modernen betriebswirtschaftlichen Sprache als Overhead bezeichnete Bereich – eher altmodisch wird das Wasserkopf genannt – zählte 2020 57.878 Beschäftigte. Das sind rund 2000 Beschäftigte mehr als es addiert in den Bereichen Fernverkehr und Nahverkehr (DB Regio) Beschäftigte gibt.
9 Kommentare verfügbar
Gärtnerin
am 22.04.2021Der Frankfurter…