Auch wenn die Fridays-for-Future-Bewegung von der Corona-Epidemie etwas an den Rand gedrängt wurde, muss allen klar sein: Das Thema bleibt auf der Tagesordnung. Es gibt weiter die dramatische Klimaerwärmung. Siehe der tauende Permafrost in Norilsk in Sibirien, durch den gewaltige Betontanks mit Diesel absinken und leck schlagen. Die Klimakrise kann zu einem weit umfassenderen Lockdown führen, als das Corona-Virus einen solchen erzwang.
Für die Regierenden ist bereits jetzt klar: Die gigantischen Hilfsprogramme, die bislang den Kollaps verhinderten, sollen am Ende von der Mehrheit der Bevölkerung finanziert werden. Mit Sparprogrammen. Mit neuen Klinik-Schließungen. Mit Rentenkürzungen. Mit höheren Renten- und Sozialversicherungsbeiträgen.
Welche Antworten können wir darauf geben?
Schauen wir uns drei Branchen an: Fleisch. Luftfahrt. Auto. Alle drei tragen zur Epidemie bei. Alle drei tragen zur Klimaerwärmung bei. Alle drei stehen im Zentrum der Wirtschaftskrise. Und alle haben mit Stuttgart zu tun.
Milliardär Tönnies ist auch im Bonatz-Bau dabei
Fleischwirtschaft. Vor Corona wusste kaum jemand, dass dieser Sektor ein wichtiger Wirtschaftszweig ist. Mit 120.000 Beschäftigten und 45 Milliarden Euro Umsatz. Mit einer enormen Kapitalkonzentration. 1993 gab es 350 Schweine-Schlachtereien. Heute sind es noch 120. Mit einem Weltmarktanteil der deutschen Schweine-Exporte von neun Prozent. Exportiert wird übrigens auch dorthin, wo die Arbeitskräfte herkommen – nach Rumänien und Bulgarien. Und nicht zuletzt nach China. Auch, so der Obermetzger Clemens Tönnies wörtlich, "Füßchen, Öhrchen, Schnäuzchen", alles was in Europa eher als unappetitlich gilt.
Und was passiert jetzt in der Krise? Die Fleischwirtschaft wurde als "systemrelevant" eingestuft. Ihre Expansion setzt sich fort, auch wenn es ab Januar 2021 einiges an Kosmetik und einige Veränderungen bei den Beschäftigungsverhältnissen geben mag. Derzeit kosten 100 Gramm Schweineschnitzel bei Aldi weniger als 60 Cent. Wenn es die von der Agrarministerin Klöckner angekündigte "Tierwohl"-Abgabe gibt, dann sind es vielleicht 90 Cent. Das ist und bleibt ein Skandal. Zumal sie nicht dort ansetzt, wo es entscheidend wäre: in der Tierhaltung, bei den Tönnies-Gewinnen, beim 2,3 Milliarden-Euro-Vermögen des Clemens Tönnies.
Man glaubt es kaum. Doch für den obersten Schweinepriester gilt: Bei jeder Schweinerei ist Clemens Tönnies mit dabei. Auch bei Stuttgart 21. Der Milliardär, der 30 Prozent aller Schweineschlachtungen in Deutschland kontrolliert, ist mit 33 Prozent an der "me and all Hotels GmbH" beteiligt. Diese 2015 gegründete Hotelgruppe baut im Bonatz-Bau ein neues Vier-Sterne-Hotel – weswegen seit 2019 der Bahnhof entkernt wird. Weswegen für mindestens zwei Jahre dort alle Service-Einrichtungen geschlossen wurden. Der Architekt des Ganzen heißt: Christoph Ingenhoven!
Horst Mutsch, Top-Manager bei der Station & Service AG, einer Tochter des Bahnkonzerns, sagte dazu: "Ein Hotel ist doch die optimale Nutzung für den historischen Bonatzbau." Ist das nicht ehrlich? Ein DB-Mann sagt, ein DB-Bahnhof würde doch besser nicht mit Bahn-Aktivitäten, sondern am besten mit bahnfremdem Aktivitäten genutzt.
Piloten könnten Lokführer werden
In der Luftfahrt sind rund 330.000 Menschen beschäftigt. Der Umsatz liegt bei 40 Milliarden Euro – nicht wesentlich höher als derjenige in der Fleischbranche. Der Flugverkehr trug erheblich zur Epidemie bei. Das Virus wurde in Flugzeugen und vor allem von Geschäftsleuten aus China in alle Teile der Welt exportiert. Selbst der gewaltige Corona-Ausbruch im österreichischen Ischgl, wo die Lifte bis Saison-Ende laufen mussten, ist nach bisherigen Erkenntnissen auf eine Gruppe von wohlhabenden Menschen zurückzuführen, die Ende Dezember, aus der chinesischen Provinz Hubei in China kommend, in Ischgl Station machte.
Der Flugverkehr trägt massiv zur Klimakrise bei. Vor allem richten seine CO-2-Emissionen, die in großer Höhe anfallen, je Einheit deutlich größere Klimaschäden an als die Kohlendioxid-Emissionen des Autoverkehrs.
Aktuell steckt die Luftfahrt-Branche in einer tiefen Krise. Derzeit verbrennt allein der Konzern Lufthansa pro Stunde eine Million Euro. Die Fluggastzahlen sind um mehr als 80 Prozent eingebrochen. Airbus will 15.000 Arbeitsplätze abbauen.
Auch hier bietet die Krise die Chance zum Umsteuern. Doch was machen die Regierenden? Die Lufthansa wird als "systemrelevant" eingestuft. Neun Milliarden Euro Steuergelder werden für den Staatseinstieg bezahlt – ohne wirkliche Mitbestimmungsrechte.
Nötig wäre eine völlig andere Politik: Downsizing des Flugverkehrs. Renaturierung von Airports. Siehe den überwältigenden Erfolg beim Berliner Flughafen Tempelhof, der ein echter Magnet für die lokale Bevölkerung wurde. Sinnvoll wäre zu prüfen, wie Stewards und Pilotinnen in den übrigen öffentlichen Verkehr übernommen werden können. Allein im Bereich Schiene fehlen 3.000 Zugbegleiter und 1.500 Lokführer.
4 Kommentare verfügbar
Jupp
am 02.07.2020Ymmd
Ihr seid so lustig. Macht bitte weiter so. Ihr seid fast so gut wie der Postillon. Wobei ich manchmal das Gefühl habe, dass ihr das ernst meint. Dann wäre es tragisch.
Viel Spaß noch!
Euer Jupp