Nun feiert die Deutsche Bahn AG am 5. Januar 2019 ihren 25. Geburtstag. Anlass genug, einmal nachzulesen, was ihr damaliger Chef Heinz Dürr 1994 verkündet hatte: "Mit der Bahnreform soll eine Entlastung für den Steuerzahler von ca. 100 Milliarden DM in den nächsten zehn Jahren einhergehen." Dürr konkretisierte dies hinsichtlich der Infrastrukturinvestitionen wie folgt: "Da die DB die vom Staat vorfinanzierten Investitionen über Abschreibungen verdienen muss, wird [...] in Zukunft [...] im Zweifelsfall abzuwägen sein zwischen einem Fahrtzeitgewinn von wenigen Minuten und dem dafür notwendigen Investitionsaufwand.
Tatsächlich gab es das Gegenteil einer "Entlastung": Die staatlichen Zahlungen für das System Schiene liegen heute wesentlich höher als vor der Bahnreform. Gerade bei Neubaustrecken zählen heute nur noch Minutenzeitgewinne, die Kosten treten demgegenüber völlig in den Hintergrund. Kein Wunder, zahlt doch der Bund – beispielsweise im Fall der Bolzstrecke Wendlingen-Ulm – 100 Prozent der neuen Schienenwege. Für die DB gibt es hier keinerlei Kapitalkosten. Damit existiert aber auch keinerlei Bremse als Resultat von Abschreibungen.
All das heißt: Es brennt lichterloh im Konzern. Das sieht auch die Ratingagentur S&P so. In ihrem Bericht vom 21. August 2018 wird festgehalten, dass die Verschuldung sehr hoch ist (22,1 Milliarden Euro), und die betriebswirtschaftlichen Aussichten negativ sind, obgleich der Bund 2017 erhebliche zusätzliche Mittel (2,7 Milliarden Euro) bereit gestellt hat.
Was in einer solchen Situation einer Aktiengesellschaft passieren könnte, hat der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestags 2016 in einer Ausarbeitung zum Thema "Insolvenz von Eisenbahnunternehmen nach Artikel 87e Absatz 3 GG" (<link https: sehrgutachten.de bt wd7 external-link-new-window>hier das Gutachten) dargelegt. Sie kommt zum Schluss: "Mit der Privatisierung eines vormaligen ´Staatsunternehmens´ in Gestalt einer Kapitalgesellschaft wird dieses grundsätzlich insolvenzfähig [...] Auch eine Verpflichtung zum Ausgleich von Gesellschaftsverbindlichkeiten durch den Staat als Anteilseigner ist aufgrund Aktienrecht [...] nicht ersichtlich."
Unterstellt man auf dieser Grundlage, Stuttgart 21 erweise sich 2020 endgültig als ein Fass ohne Boden, während es gleichzeitig im Rahmen einer neuen Finanz- und Wirtschaftskrise zu massiven Verlusten kommt, dann könnte der Bahnkonzern Insolvenz anmelden. Es käme zur Bildung einer Auffanggesellschaft und einem Neustart auf niedrigerem Niveau. Ein großer Teil der Schulden müsste abgeschrieben werden. Die Bauruine Stuttgart 21 müsste mit Finanzmitteln des Landes Baden-Württemberg bzw. solchen der Landeshauptstadt Stuttgart "saniert" werden.
Wollte man angesichts des DB-AG-Jubiläumstag drei notwendige Schritte formulieren, wären dies folgende: Erstens eine Aufgabe des Status als Aktiengesellschaft und eine Rückführung in ein öffentliches Unternehmen, zweitens ein Ausstieg bei Stuttgart 21 und anderen zerstörerischen Großprojekten und drittens ein kompletter Neustart im Bereich Schiene.
Der Publizist Winfried Wolf ist Chefredakteur von "Lunapark21 – Zeitschrift zur Kritik der globalen Ökonomie". Soeben erschien das <link http: www.lunapark.21.net external-link-new-window>Lunapark21-Extra-Heft zu "25 Jahre Deutsche Bahn AG", 96 Seiten, 5 Euro.
5 Kommentare verfügbar
Peter Meisel
am 13.03.2019Zitat.
"2)
Für die DB AG und die EIU ist es im Hinblick auf die Zukunft des Unternehmens von besonderem Interesse, dass für die DB AG und die EIU…