Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, lieber Winfried Kretschmann,
es drängt mich, Ihnen zu sagen, dass ich es großartig finde, wie Sie sich als Landesvater um Ihre Bürger kümmern und als Opa um Ihren Enkel. Sie machen dienstlich wie privat, was Sie für richtig halten. Das ist richtig, und das macht Sie authentisch. Deswegen habe ich Sie im Wahlkampf unterstützt.
Sie sorgen sich um die Arbeitsplätze im Land, denn in der Automobilindustrie mit all ihren Zulieferern sind sie in Gefahr, zehntausende. Da tut es den Arbeitnehmern gut, wenn der Regierungschef sich für sie einsetzt.
Sie haben auch erkannt, dass sich jeder, der nicht zuletzt aus Umweltgründen vor zwei Jahren einen Diesel gekauft hat, betrogen fühlen muss, wenn er nächstes Jahr mit diesem Auto nicht mehr nach Stuttgart fahren dürfte. Ich finde auch, die darf man nicht im Regen, bzw. in ihrer Abgaswolke, stehen lassen.
Sie haben sich privat ein gescheites Auto gekauft, also einen Diesel, um nicht zuletzt Ihren Enkel zu besuchen (<link https: www.kontextwochenzeitung.de schaubuehne die-zukunft-ist-leider-undicht-4387.html external-link>und ihm auch mal eine Tonne Sand vorbeizubringen). Super. Ich hole gleich meine Enkelin aus dem Kindergarten ab, habe es dabei allerdings einfacher, weil ich das zu Fuß und mit der Stadtbahn erledigen kann.
Nun habe ich mir als interessierter Bürger auch Gedanken darüber gemacht, wie Arbeitsplätze erhalten oder gar neue hinzugewonnen werden können. Dabei bin ich auf die verwegene Idee gekommen, dass es besser sein könnte, in die Zukunft zu investieren als in Auslaufmodelle, zumal wenn man damit auch etwas für das Klima und gegen die weitere Vergiftung der Menschen tun kann (ich möchte sogar sagen: tun muss). Nur wenn sich die deutsche Automobilindustrie im Marathonlauf zur emissionsfreien E-Mobilität an die Spitze setzt, werden Arbeitsplätze erhalten. Unsere Ingenieure sind Weltklasse, sonst wäre Deutschland nicht führend in der Dieseltechnologie. Ihnen wird auch der nächste Schritt gelingen. Manchmal allerdings muss den Entscheidern in den Chefetagen ein wenig auf die Sprünge geholfen werden. Auch den Sicherheitsgurt und den Katalysator haben sie nicht schnellstmöglich und freiwillig eingebaut.
Aus guten Gründen und mit bestem Gewissen, wenn auch zu lange, haben Industrie und Politik den Autofahrern den Diesel ans Herz gelegt. Die fühlen sich nun zu Recht betrogen. Nicht nur VW, auch viele andere Hersteller haben gelogen und sie hintergangen, und die Politik hat das durch irreale nichtsnutzige Abgastests möglich gemacht. Ist Lug und Trug in Deutschland inzwischen erlaubt? Wer entschädigt den Käufer, der nicht bekommen hat, was ihm versprochen wurde und was er bezahlt hat? "Es gibt den sauberen Diesel," haben Sie gesagt. Was für ein Satz! Ich weiß, Sie meinten damit die neuesten Fortschritte, die immerhin darin bestehen, die schon lange verlangten Grenzwerte nun endlich einzuhalten. Aber natürlich gibt es keinen sauberen Verbrennungsmotor. Deswegen ist Ihr Satz so verhängnisvoll und ziemlich nah an der Trump-Äußerung von der "clean coal".
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Monika Kremmer
am 20.07.2017