Wenn selbst Politiker:innen wie Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) solche Töne anschlagen, muss sich über den Rechtsruck in Europa niemand mehr wundern. Es sei für die Bevölkerung "und mir selber schwer verständlich", sagt der erfahrene und sonst so bedächtige Grüne, wenn abgelehnte Asylbewerber:innen selbst bei schweren und schwersten Straftaten nicht abgeschoben würden. Dabei ist die Erklärung einfach: Staat und Gesellschaft haben einen Anspruch darauf, dass strafrechtlich relevante Handlungen im Land der Tat verfolgt und geahndet werden.
Die Botschaft dringt jedoch nicht durch. Der Gesamtsound wird immer aggressiver, geweckt werden unerfüllbare Erwartungen. Und nahezu alle politischen Lager stimmen ein. Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) verlangt: "Jeder, der auf diese bestialische Weise die Gesetze dieses Landes verletzt", müsse das Land verlassen. Markus Söder (CSU) fordert, dass Straftäter wie jener in Mannheim "keinen Tag länger" in Deutschland bleiben. Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) suggeriert, "dass Abschiebungen nach Syrien und Afghanistan selbstverständlich möglich sind".
Sachsen als Pilot-Projekt für "Turbo-Abschiebungen"
Sein Parteifreund Armin Schuster, Innenminister von Sachsen, lehnt sich besonders weit aus dem Fenster und fordert, "Turbo-Abschiebungen für Intensivtäter zu realisieren, denn dann hätten wir im nächsten Jahr eine völlig andere Kriminalitätsstatistik". Der frühere Bundestagsabgeordnete aus dem baden-württembergischen Lörrach, der sich angesichts der sächsischen Landtagswahl im September im Dauerwahlkampf befindet, bietet dem Bund seinen Freistaat als "Pilotland" an. Nach den Ergebnissen der Europawahl hat – wenig überraschend – vor allem die "Alternative für Deutschland" von solchen Tönen profitiert.
Dabei weiß Schuster ganz genau, dass aus seinen Turbo-Abschiebe-Träumen nichts werden wird und kann. Wüsste er es nicht, wäre er als Innenminister erst recht ungeeignet. Aber wie bei so vielen Krakeelern in diesen Tagen werden Zusammenhänge vorsätzlich unter den Tisch gekehrt. Danyal Bayaz, Finanzminister der Grünen am Kabinettstisch in Stuttgart, gehört zu den wenigen, die offen ansprechen, dass selbst Schwersttäter zwar abgeschoben werden, aber eben erst: "Nachdem sie ihre Strafe bei uns verbüßt haben."
Letzte Kommentare:
Es ist ein weltumspannendes Dilemma: es ist Krieg - wie schafft man Frieden. https://www.zdf.de/dokus/wie-kriege-enden---und-frieden-moeglich-ist-movie-100 Diese sehenswerte Dokumentation zeigt an Beispielen der jüngeren Geschichte, wie schwierig es ist,...
Der letzte Sommer der Container City wurde im Rahmen des Wissenstransfers der Universität Stuttgart dokumentiert und ist online als Dokumentarfilm frei zugänglich veröffentlicht (GER 2024, 62min). Siehe hier:...
Sorry, ich bin überhaupt kein BSW-Fan, aber das kleinliche Herumgehacke auf Heike Hänsel und dem BSW hier in den Kommentaren zeigt mir vor allem eins: Kein Probelm mit dem unverhohlenen, perversen Kriegskurs der Regierenden - aber nicht den...
Wollt' auch mal danke sagen - an Peter Grohmann: für den aktuell angemessensten, empathischsten, authentischsten deutschen Beitrag weit und breit zu diesem Themenkomplex.
Zu dem Beitrag von Friedrich Kramer möchte ich anmerken, dass er Bischof der EKM (Evangelische Kirche in Mitteldeutschland) ist und Friedensbeauftragter der EKD, also der Evangelischen Kirche in Deutschland.