Drei Männer wurden am Morgen des 20. Oktober 1849 vor ein Erschießungskommando geführt: August Bernigau, Jean Jansen und Wilhelm Schrader starben im Graben der Rastatter Leopoldsfeste. Sie waren keine Badener, sondern preußische Staatsbürger, und vielleicht war das auch der Grund für die Verurteilung durch die hart und willkürlich agierenden preußischen Standgerichte. Bernigau war preußischer Offizier gewesen, ehe er sich im Mai 1848 weigerte, auf Arbeiter zu schießen und den Dienst quittierte. Der Kölner Jansen war schon im französischen Exil gewesen, kam dann zurück und wurde Bernigaus Adjutant. Schrader wiederum, der aus Mansfeld im heutigen Sachsen-Anhalt stammte, war preußischer Artillerist und hatte die Seiten gewechselt.
Die drei waren die letzten von 19 hingerichteten Revolutionären, am 30. Oktober 1849 ordnete der badische Großherzog Leopold das Ende der Standgerichte an. Sie waren damit die letzten Toten der Badischen Revolution von 1849, die letzten von vielen – wie viele genau, ist unbekannt; bei den zur Niederschlagung gekommenen Preußen sollen es rund 800 Tote und Verwundete gewesen sein, bei den Revolutionären vermutlich mehr. Im Dezember 1849 veröffentlichte der schwäbische Schriftsteller, Publizist und Revolutionär Ludwig Pfau das "Badische Wiegenlied". "Schlaf, mein Kind, schlaf leis, da draußen geht der Preuß! Deinen Vater hat er umgebracht, deine Mutter hat er arm gemacht, und wer nicht schläft in guter Ruh, dem drückt der Preuß die Augen zu", beginnt seine erste Strophe.
Die Badische Revolution war der letzte Akt der Revolutionsereignisse von 1848/49 in Deutschland, sie war deren Schluss- und zugleich Höhepunkt. Und es war die Erhebung mit den besten Voraussetzungen: Die badische Armee trat nahezu geschlossen auf die Seite der Revolution über, zudem besaß man mit dem seit 1842 zur Bundesfestung ausgebauten Rastatt ein hochmodernes Verteidigungsbollwerk. In Rastatt hatte sie mit einer Militärmeuterei im Mai begonnen, in Rastatt endete sie auch am 23. Juli 1849 mit der Kapitulation der letzten Revolutionseinheiten. Am Ende hatte mal wieder die Reaktion gesiegt.
Revolutionspfad durch die ganze Stadt
175 Jahre nach diesem Ereignis ist das kein allzu großes Thema in der deutschen Presse. Um den Jahrestag der Kapitulation im Juli dominiert eher das sich zum 80. Mal jährende Stauffenberg-Attentat – die deutsche Geschichte hat viele Kapitel gescheiterten politischen Widerstands. Von diesen vielen scheint die badische Erhebung ein relativ vergessenes zu sein, selbst viele Baden-Württemberger kennen diese Episode gar nicht.
Ganz anders in Rastatt selbst. Wer dort aus dem Bahnhofsgebäude tritt, sieht gleich auf der anderen Straßenseite ein großes Plakat: "Rastatt feiert 175 Jahre Badische Revolution". In der Stadt gibt es einen Revolutionspfad, auf dem Asphalt mit rot-gelben Pfeilen markiert, den Farben der badischen Flagge. An vielen Häusern sind Tafeln zu Ereignissen und Personen der Revolution angebracht. Im Stadtmuseum ist eine kleine, aber feine und sehr umfassende Ausstellung zu sehen, die noch bis Januar 2025 läuft. Zum Jubiläumsprogramm gehörte auch eine Stadtführung – ausgerechnet an einem der heißesten Tage des Jahres im August.
Irmgard Stamm begrüßt die rund 30 Interessierten, der Vorsitzenden des Historischen Vereins Rastatt, die in den kommenden zwei Stunden durch die Stadt führt, ist wichtig zu betonen: "Die Revolution ist keineswegs gescheitert, sie ist erstmal gelungen. Denn es war alles gegeben, was zu einer gelungenen Revolution gehört." Stamm führt aus: Der Badische Großherzog Leopold flieht in der Nacht vom 13. auf den 14. Mai 1849 aus dem Land, an seine Stelle tritt eine provisorische Regierung, die sogleich Wahlen zu einer konstituierenden Landesversammlung ausruft, mit der damals fortschrittlichsten, demokratischsten Wahlordnung. Das frei gewählte Parlament tritt am 10. Juni 1849 zusammen, wählt am 13. Juni eine Regierung. Doch dann kommt der Preuß.
4 Kommentare verfügbar
Lis
vor 3 WochenLiegt Rastatt denn außerhalb Badens, wie von diesem Snippet kommuniziert? Interessante News, die ich bisher nicht mitbekommen habe! :D