In der Stuttgarter Staatsgalerie hängt ein lebensgroßes Porträt von Eduard Fuchs, gemalt von Max Slevogt. Dieser hagere Mann mit der aufgewühlten Frisur und der Mappe in der Hand, aus der er ein Flugblatt zieht, ist heute vor allem als Kulturwissenschaftler ("Illustrierte Sittengeschichte") und Kunstsammler bekannt. Doch der 1870 in Göppingen geborene Fuchs war auch Mitbegründer des Spartakusbundes und ein enger Freund Lenins.
Dem späteren russischen Revolutionsführer war er im Herbst 1900 erstmals in München begegnet. In der Isarstadt machte Fuchs, der 1888 in Stuttgart als jugendlicher Sozialist wegen Majestätsbeleidigung und Vertrieb illegaler Schriften zu insgesamt zehn Monaten Gefängnis verurteilt worden war, seit 1890 Parteikarriere bei der SPD. Zunächst wurde er dort eingestellt, um einen neuen sozialdemokratischen Medienkonzern aufzubauen. Im "Süddeutschen Postillon", einem illustrierten Satireblatt, hatte er als Chefredakteur aber auch Karikatur und Spott als wirksame Waffe im Klassenkampf entdeckt.
Zu dieser Zeit war Lenin in der Schwabinger Parteikneipe "Goldener Onkel" als polizeilich nicht gemeldeter Untermieter im Hinterhaus einquartiert. Damit lebte Lenin nur wenige Schritte entfernt von der Römerstrasse 20, wo Fuchs damals wohnte. Die konkrete Zusammenarbeit begann am Jahresende 1900, nachdem am Heiligen Abend die erste Nummer der illegalen Zeitung "Iskra" erschienen war. Die Redakteure Lenin und Martow erbaten damals von Fuchs Hilfe, um Zeichner für die illustrierte Beilage zu finden, die ab September 1901 erscheinen sollte. Gerade ein Land, in dem so viele Analphabeten lebten wie in Russland, brauchte nicht nur gesetzte Bleiwüsten, sondern auch Bilder zur Agitation.
Seit dieser Zeit war Fuchs einer der wenigen, die Lenin duzen durften. Dem jüdischen Rechtsanwalt und Kunsthändler Hugo Perls verdanken wir die schöne Anekdote über deren Beziehung: "Der Allgewaltige (Lenin) hatte ihm in bestrickender Liebenswürdigkeit ein Automobil schenken und nach Berlin senden wollen", aber Fuchs erwies sich als unbestechlich: "Ja, was denke Sie denn, Kamrad Lenin, I tu auch so mei Fliecht."
Im Auftrag Rosa Luxemburgs nach Moskau
Vom März 1917 bis März 1918 war Eduard Fuchs, dank seiner Kontakte in der spenden-freudigen Kulturszene, der maßgebliche Finanzier der Antikriegsagitation des Spartakusbundes. Leo Jogiches, neben Rosa Luxemburg und Franz Mehring einer der Mitbegründer der Gruppe, notierte in einem Büchlein die stolze Summe von 8868 Reichsmark, die Fuchs ihm in mehreren Raten übergab. Sofort nach der Oktoberrevolution 1917 ernannte ihn Lenin "Zum Generalbevollmächtigten für die gesamte Kriegs- und Zivilgefangenenfürsorge in Deutschland", wie der Berliner Börsenkurier am 28. Januar 1920 zurückblickend schrieb.
Bereits am 20. Dezember 1918 war Eduard Fuchs von Rosa Luxemburg gebeten worden, nach Moskau zu reisen, um Lenin klarzumachen, dass sie sich jegliche Einmischung Russlands in die Gründung einer deutschen kommunistischen Partei verbiete. Bereits seit 1904 hatte sie aus ihren Differenzen mit den russischen Bolschewiki in der Frage der Kommunistischen Internationale keinen Hehl gemacht. Doch trotz teilweise unterschiedlicher Strategien betrachtete man die revolutionäre Entwicklung in Europa voller Sympathie. Im Gepäck hatte Fuchs ein persönlich gehaltenes Schreiben von Luxemburg, datiert vom 20. Dezember:
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