Das mag mit der Durchsetzungskraft einer Gewerkschaft zu tun haben, schließlich ist es um einiges schwieriger, Beschäftigte in zig Restaurants und Hotels und Kneipen zu organisieren, wo mal fünf, mal 20, mal 50 Leute arbeiten, als in großen Betrieben mit ein paar hundert Angestellten. Die NGG versucht auch in der kleinteiligen Hoga-Branche nahe an potentielle Mitglieder heranzukommen, da ist Nachwuchsarbeit wichtig und so steht Maren Schildenberger in der Berufsschule. Die aktuelle Tarifrunde ist ein passender Zeitpunkt, um zu erläutern, was die Gewerkschaft eigentlich tut. Es geht nicht um Streikaufrufe und Ähnliches, sondern um Bekanntheit und Verstehen, dass die Höhe des Lohns nicht vom Himmel fällt, sondern in Tarifrunden ausgehandelt wird.
In Hessen und Bayern verdient man mehr
In der aktuellen Tarifrunde haben sich die Landesverbände der NGG und des Arbeitgeberverbands Dehoga (Deutscher Hotel- und Gaststättenverband) bislang einmal getroffen, für diesen Mittwoch ist die zweite Verhandlungsrunde angesetzt. Die Gewerkschaft fordert 15 Prozent mehr Lohn und Wochenendzuschläge – die gibt es bisher nämlich nicht. Ausgerechnet in einer Branche, in der die Menschen arbeiten, wenn andere ihren freien Sonntag genießen, beispielsweise mit einem Restaurantbesuch. In diesem Sommer wurde in Hessen der erste Tarifvertrag mit Wochenendzuschlägen vereinbart, der ist nun Vorbild für die hiesige NGG. Auch der Lohnabschluss war nicht von schlechten Eltern: Dort steigt nach der dreijährigen Ausbildung Frau oder Mann nunmehr mit 2.813 Euro ein, ab dem 1. März 2025 mit 3.000 Euro. In Bayern, wo ebenfalls schon abgeschlossen wurde, verdienen frisch Ausgelernte 2.750 Euro, ab 1. August nächsten Jahres 3.014. In Baden-Württemberg liegt dieser Lohn für Fachkräfte aktuell bei 2.417 Euro.
Mit Blick auf die Nachbarländer will die NGG im Südwesten mehr. Der für die Gastro zuständige Alexander Münchow sagt: "2023 war ein Rekordjahr im Tourismus, da haben Gastronomie und Hotels gut verdient. Ich kann der Arbeitgeberseite nur raten, jetzt ein deutlich besseres Angebot zu machen." In der ersten Verhandlung habe die gerade mal 3,3 Prozent für Ungelernte angeboten und null Prozent für Fachkräfte. Ohne Gehaltserhöhung trotz Inflation dürfe die Branche sich wohl auf einen stärkeren Fachkräftemangel einstellen, sagt Münchow. "Aktuell gibt es laut Dehoga 5.000 offene Stellen in Baden-Württemberg." Der Arbeitgeberverband hat die Gewerkschaftsforderung als "nicht passend zur schwierigen wirtschaftlichen Lage der Branche" zurückgewiesen. In den ersten Monaten diesen Jahres sei der Umsatz um 1,8 Prozent zurückgegangen, zudem leide die Gastronomie darunter, dass die Mehrwertsteuer seit dem 1. Januar wieder 19 Prozent betrage. Wegen der Corona-Pandemie war sie vorübergehend auf 7 Prozent gesenkt worden, um den Betrieben zu helfen.
Azubis können sich die Stellen aussuchen
Während und nach Corona waren nicht nur die Umsätze, sondern auch die Ausbildungszahlen in der Gastro eingebrochen. Das Image der Branche sackte in den Keller, auch weil sich in der Krise herausstellte, wie viele Unternehmen Aushilfskräfte schwarz beschäftigten oder Mini-Jobber:innen einfach rauswarfen – die meisten kamen nach Corona nicht zurück, sondern blieben lieber in Branchen mit fixen Arbeitszeiten und höheren Stundenlöhnen. Doch mittlerweile wollen wieder mehr Menschen in der Gastro arbeiten, die Ausbildungszahlen steigen, sagt der Leiter der Berufsschule in Villingen-Schwenningen, Robert Fechteler. In der Coronazeit sei die Zahl auf 1.300 abgesackt, aktuell habe er etwa 1.700 Schüler:innen, fürs nächste Jahr seien mehr als 1.800 angemeldet. Das Interesse wachse also zum Glück wieder, zudem werde die Branche zunehmend international: "Von unseren Schülern haben mehr als 40 Prozent einen ausländischen Pass." Auch wandelten sich die einst gängigen ruppigen Umgangsformen, für die gerade Küchen berüchtigt gewesen seien. "Das ist viel besser geworden", meint Fechteler. Die Unternehmen hätten gemerkt, dass sie ihren Leuten etwas bieten müssten, um sie zu halten. Der Schulleiter findet das super und ist überzeugt, dass sich das auch nicht mehr ändern wird.
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