"In Leiharbeit gehe ich nicht mehr." Der Diplom-Betriebswirt aus Frankfurt hat seine Erfahrungen gemacht. Mehrere Jahre hat er als Leiharbeiter geschafft, war bei zwei Zeitarbeitsfirmen mit Jobs zwischen sechs Wochen und zehn Monaten, und seinen Namen möchte er nicht in der Zeitung lesen. Interessant sei die Zeit gewesen, und gerade in größeren Entleihfirmen hätte er teilweise mehr verdient als die Stammkräfte – "weil ich mit der Entleihfirma geredet habe" –, in anderen so zwischen 12 und 14 Euro die Stunde. "Als ich mit Zeitarbeit angefangen habe, dachte ich, ich mach das nur kurz, weil ich bestimmt schnell übernommen werde. Aber das war nicht der Fall." Aktuell ist er arbeitssuchend und optimistisch, dass es bald klappt. "Da läuft gerade einiges."
Wie es in der Leiharbeit zugehen kann, zeigte ihm in einem Konzern die Antwort auf seine Frage, wie er in Festanstellung kommen könne. Der Weg sei folgendermaßen: Von der externen Verleihfirma wechseln in die konzerneigene Verleihfirma, von da aus in einen befristeten Job und dann in einen unbefristeten. "Das ist doch unglaublich", sagt der Frankfurter, der sich seit Jahren in Verdi engagiert, ehrenamtlicher Arbeitsrichter ist und im IHK-Prüfungsausschuss. Als Leiharbeiter wollte er sich auch für die Belange der Leiharbeiter:innen engagieren. In die Tarifkommission habe er es nicht geschafft, sagt er. Vielleicht weil er zu viel kritisiert hat: "Ich hatte in Info-Veranstaltungen zum Beispiel gefordert, dass es mehr Zeit für Qualifizierung geben müsste."
"Es ist schon etwas absurd"
Die Tarifkommission entscheidet, ob das Ergebnis von Tarifverhandlungen angenommen wird oder nicht. Einige ihrer Mitglieder sind auch in der Verhandlungskommission, gestalten also die Tarifverhandlungen aktiv mit. "Wenn aber in der Tarifkommission für Leiharbeit Disponenten von Leiharbeitsfirmen sitzen – dann ist das schon etwas absurd", sagt Johannes Aevermann, selbst Mitglied dieser Kommission und einer der wenigen echten Leiharbeiter. Disponenten sind diejenigen, die die Vermittlung von Leiharbeiter:innen in Entleihfirmen organisieren müssen. Nun lässt sich fragen, wie passend es ist, wenn diejenigen über Tariflöhne mitverhandeln, deren Interesse es nicht ist, dass Zeitarbeiter:innen viel verdienen. Das macht sie ja teurer.
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Peter Freimensch
am 14.02.2023Auswüchse wie "im besten Deutschland aller Zeiten" heute regelmäßig anzutreffen, waren damals absolut undenkbar.