Was war mit Weissach? Porsche! Denn dort betreibt der Sportwagenbauer sein Entwicklungszentrum. Nur Zufall machte die Gemeinde rund 25 Kilometer nordwestlich von Stuttgart zu einem Begriff in der Autowelt. Anfang 1960 war Ferry Porsche auf der Suche nach einem geeigneten Teststreckengelände, für das im Stammwerk Zuffenhausen der Platz fehlte. Ein Mitarbeiter empfahl dem Firmenpatriarchen seinen Wohnort, eine kleine Ortschaft, umgeben von viel freier, aber landwirtschaftlich kaum nutzbarer Fläche: Weissach.
Von der Porsche-Ansiedlung profitierte die Heckengäu-Gemeinde lange. Während viele deutsche Kommunen in Armut darbten, sprudelten dort die Millionen. 222 Millionen Euro Gewerbesteuern waren es im Rekordjahr 2009, größtenteils von Porsche. 2013, nach Eingliederung der Porsche AG in den VW-Konzern, flossen immerhin noch elf Millionen Euro. Wie es sich für sparsame Schwaben gehört, brachten die Weissacher das viele Geld für schlechte Zeiten brav zur Bank. Auf rund 79 Millionen Euro summierten sich die Rücklagen bis Ende 2019.
Doch die goldenen Zeiten sind vorbei. Im vergangenen Jahr drückten millionenschwere Steuerrückzahlungen den Haushalt in die roten Zahlen. Nachträglich hatte das Finanzamt Gewerbesteuerbescheide für das Rekordjahr 2009 korrigiert. Mit satten sechs Prozent Zins pro Jahr musste Weissach die Beträge zurückzahlen. Im schlimmsten Fall drohen in den kommenden Jahren weitere 199 Millionen Euro an Rückzahlungen, plus Zinsen. So hoch nämlich ist der Betrag an Gewerbesteuern, die ansässige Firmen seit 2009 an die Stadtkämmerei überwiesen haben und die noch unter Vorbehalt der Nachprüfung stehen. Stand März dieses Jahres waren Weissachs Rücklagen so bereits auf 61,7 Millionen Euro geschrumpft.
Plötzlich sind die Ersparnisse weg
Als wäre dies nicht schon Unheil genug, ging dem jungen Bürgermeister Daniel Töpfer (34 Jahre, CDU) vor Kurzem ein Viertel des Vermögens verlustig. 16 Millionen Euro Festgelder bei der Greensill Bank lösten sich über Nacht in Luft auf. Am 3. März 2021 hatte die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) wegen drohender Überschuldung ein Veräußerungs- und Zahlungsverbot gegenüber der Bremer Bank verhängt. Am 16. März wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Bankpleite war damit amtlich.
Glück im Unglück hatten Privatanleger. Für die zahlungsunfähige Bank sprang die Entschädigungseinrichtung deutscher Banken (EdB) ein und überwies Guthaben bis zur gesetzlichen Grenze von 100.000 Euro, in Ausnahmefällen bis zu 500.000 Euro. Höhere Einlagen wurden bis zur sogenannten Sicherungsgrenze von 74,964 Millionen Euro durch den Einlagensicherungsfonds des Bundesverbands Deutscher Banken entschädigt. Darunter auch öffentlich-rechtliche Sender wie der Südwestrundfunk (SWR), der 69 Millionen Euro bei Greensill geparkt hatte. Nach Medienberichten lagen 3,1 Milliarden Euro Einlagen bei der Pleitebank, die aus den beiden Töpfen bedient wurden.
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