Dabei verlangt die EU, belastbare Pestizid-Statistiken zu erheben und sie Wasserversorgern zur Verfügung zu stellen. Doch die Landwirtschaftsämter von Agrarminister Peter Hauk (CDU) verweigern derzeit die Herausgabe – mit der abenteuerlichen Begründung, dass entsprechende Zahlen nicht vorliegen und deren Erhebung mit Arbeit verbunden sei. Die Landeswasserversorgung (LWV) klagt deshalb gegen das Land. Anfang 2020 werden die Urteile der Verwaltungsgerichte in Stuttgart und Sigmaringen erwartet.
Vom laschen Handeln der Behörden profitieren die schwarzen Schafe unter den Landwirten. Gerade mal bei einem Prozent der Betriebe gibt es amtliche Kontrollen, ob Pestizide und Dünger gesetzeskonform ausgebracht werden. "Der Landwirtschaft wird da ein Freiraum eingeräumt, der nicht gerechtfertigt ist", sagt LWV-Sprecher Röhrle. Auch berücksichtige die Landesregierung hydrogeologische Gegebenheiten ungenügend. So seien einige Wasserschutzgebiete aufgrund zu geringer Deckschichten für den Pestizideinsatz ungeeignet und müssten besonders geschützt werden. Dies gilt etwa für die Schwäbische Alb, wo Spritzmittel nahezu ungefiltert in die Karstschichten versickern. Zu Tage treten die Giftstoffe wieder in den Brunnen der Wasserversorger.
Für Kritik gibt's Mist
Auf Kritik an ihrer umweltfeindlichen Wirtschaftsweise reagierten die protestierenden Bauern bislang allergisch. Ein Redakteur der Braunschweiger Zeitung, der die Landwirtschaft als Teil des Problems von Klimakrise und Artensterben benannte, bekam sonntagmorgens ungebetenen Besuch. Der "taz" stellten Landwirte eine Karre Pferdemist vor die Redaktionstür. Auf einen kritischen Kommentar des Umwelt- und Landwirtschaftshistorikers Frank Uekötter im "Focus" ("Mit ihren brachialen Protesten schaden sich die Bauern selbst") antwortete LsV-Gründerin Schulz-Broers mit einem offenen, aber polemischen Brief. "In der Landwirtschaft kann man eben nicht einfach mal ein paar Filter einbauen und dann erreicht man irgendwelche Grenzwerte vom grünen Tisch!", schrieb sie auf Facebook.
"Wenn die Landwirte bereit wären gegenzusteuern, wären wir längst aus der Thematik raus", sagt dagegen LWV-Sprecher Röhrle. Die Bauern und ihre Funktionäre hätten noch immer nicht erkannt, dass dringender Handlungsbedarf besteht. "Sie dürfen nicht nur klagen und mauern, sondern müssen die Probleme auch angehen", so Röhrle. Wo hohe Austräge an Stickstoff und Pestiziden andauern, müssten neue Wege beschritten werden, verweist er auf erfolgreiche Projekte im Land wie die "Bio-Musterregionen", wo Öko-Landbau Vorfahrt hat.
Die Bauernproteste seien ein großen Fehler, sagt auch der BUND-Wasserschutzexperte Gottfried May-Stürmer. Der Bauernverband vertrete vor allem die Interessen von Großbetrieben, die nur durch Massentierhaltung und massivem Pestizid- und Düngereinsatz immer billiger produzieren können. Gleichzeitig nehme die Zahl der Höfe seit Jahren ab. "Wenn unorganisierte Bauern mit kleineren Betrieben jetzt gegen strengere Auflagen demonstrieren, solidarisieren sie sich mit der eigenen Konkurrenz der Großbetriebe", so May-Stürmer.
Wie die "Land schafft Verbindung"-Bewegung künftig weitermacht, darüber ist inzwischen offenbar Streit ausgebrochen. Fachmedien berichten über turbulente Krisentreffen. Bei Facebook buhlen die Auftritte "Land schafft Verbindung – Deutschland" und "Land schafft Verbindung – Das Original" um Follower.
Am heutigen Mittwoch, den 18. Dezember, soll in Stuttgart das Eckpunktepapier besiegelt werden, mit dem die Landesregierung auf das Volksbegehren "Rettet die Bienen" reagiert hat. Es soll in Landesgesetze münden, die sowohl biologische Vielfalt stärken als auch die ökologisch-bäuerliche Landwirtschaft mit ihrer regionalen Erzeugung sichern. Am Runden Tisch "Eckpunktepapier" sitzen neben den Initiatoren des Volksbegehrens auch die Bauernverbände. "Land schafft Verbindung"-Vertreter sitzen nicht mit am Tisch.
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Dr. Edmund Haferbeck
am 25.12.2019