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Autoland bald abgebrannt

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Es war einmal ein Ministerpräsident, der einzige grüne Regierungschef weltweit, der für Furore gesorgt hat mit dem Satz, weniger Autos wären besser als mehr. Das stimmt mehr denn je.

Im vergangenen März, bei der Bundesdelegiertenkonferenz der Grünen, gab es für beide Seiten den Lakmustest: Nach Debatten im Vorfeld setzten sich unter Führung von Winfried Kretschmann und den Baden-Württembergern diejenigen durch, die Dieter Zetsche ein Rederecht einräumen wollten. Der Daimler-Chef kam, sah und siegte nicht. Und er düpierte mit seinen vielen inhaltsleeren Floskeln nicht nur die Gastgeber insgesamt, sondern speziell den Ministerpräsidenten gleich mit.

Seit ziemlich genau sechs Jahren waren die beiden nun im Gespräch. Nach Kretschmanns Diktum von den weniger Autos hatte Zetsche den Noch-Fraktionschef in dessen Landtagsbüro aufgesucht und ihm die Meinung gegeigt, smart im Ton, hart in der Sache. In der Folgezeit wiederholte Kretschmann diese Binsenweisheit nur noch selten und schließlich gar nicht mehr. Mit mehr oder weniger gewundenen Formulierungen lässt er durchblicken, dass sich an seiner prinzipiellen Haltung nichts geändert habe, wohl aber die Wortwahl und zudem seine Sensibilität für die Bedeutung und die Interessen der Branche.

Demo-Plakat: Daimler abwickeln

Dialog mit Schlagseite

Ausgabe 330, 26.07.2017
Von Johanna Henkel-Waidhofer

Als gäbe es nicht immer neue Betrugsvorwürfe, hat sich die Landesregierung einem siebenjährigen "Strategiedialog" mit der heimischen Autoindustrie verschrieben. Geplant ist eine "neue und bislang einzigartigen Form der Zusammenarbeit mit Entschlossenheit und Tatkraft." Es drohen brisante Abhängigkeiten.

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Was nur die halbe Wahrheit ist. Schon beim ersten Diesel-Gipfel zu Nachrüstungen und E-Mobilität im Stuttgarter Neuen Schloss blieb es OB Fritz Kuhn vorbehalten, die vielen Beschwörungen der gemeinsamen Verantwortung für den Automobilstandort zu stören mit deutlichen Hinweisen auf den Abgasskandal. Kretschmann hingegen setzt mittlerweile allein auf seinen "Strategiedialog", die waschmittelwerbungsmäßig angepriesene "neue und bislang einzigartige Form der Zusammenarbeit mit Entschlossenheit und Tatkraft". Sieben Jahre lang – ein dezenter Hinweis auf Kretschmanns Ambitionen zur Landtagswahl 2021 – soll gezimmert werden an der "Transformation" einer ganzen Branche, immer mit dem Ziel, Fahrverbote oder präzise Restlaufzeiten für die betrügerischen Diesel zu vermeiden. Schließlich ist beim Wahlvolk damit kein Blumentopf zu gewinnen und in der Industrie erst recht nicht. Eher schon mit betulichen Sätze wie "Die spezielle Verantwortung der Grünen besteht darin zu zeigen, dass Wohlstand möglich ist, ohne Lebensgrundlagen zu zerstören". Deshalb, sagt Kretschmann, sei er Ministerpräsident geworden: "Sonst könnte es ja jeder andere machen."

Manch anderer würde es jedenfalls anders machen. Winfried Hermann, Parteifreund und Verkehrsminister, konterkariert die kompromisslerische Dialog-Strategie sogar mit Autotests in eigener Regie, um schwarz auf weiß belegen zu können, dass der Diesel im Realbetrieb die Verheißungen der Hersteller nach wie vor nicht erfüllt. Und in einem anderen Autoland, in Niedersachsen, schneite 90 Haltern kurz vor Weihnachten eine sehr spezielle Bescherung ins Haus: Schon im ersten Quartal 2018 könnte ihr Fahrzeug aus dem Verkehr gezogen werden. Da klingt im Ohr, was der Sprecher des Verbands der Automobilindustrie, Eckehart Rotter, im Kontext-Gespräch offenbarte: Die Umrüstung gehe eben "nicht auf Knopfdruck, sondern benötigt mehr als ein paar Wochen". Gelingt die Operation nicht, drohen Stilllegungen in einer ganz anderen Größenordnung. Dann wären weniger Autos doch mehr. Nicht nur in Niedersachsen.


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