Aus Sicht der Kaktus-Initiative verdankt Schmalzl sein Stuttgarter Comeback gleichfalls reinem Postengeschiebe. "Es kann nicht sein, dass wir hier nur abnicken und keine echte Wahl haben", erklärt Thomas Albrecht, Sprecher der Initiative. Zum wiederholten Male seien Personalentscheidungen der Vollversammlung lediglich zur Bestätigung und nicht zur Wahl gestellt worden. Gerade im Hinblick auf die wichtige Funktion des Hauptgeschäftsführers sei mehr Mitsprache für die Vollversammlung unabdingbar. "So eine Personalie kann einfach nicht im Hinterzimmer entschieden werden", betont er.
Es sei unglaubwürdig, dass aus einem großen Bewerberkreis nur ein Kandidat übrigbleibe, sagt ein anderes Mitglied der Vollversammlung. "Das ist klassischer Filz", meint er. Etliche stört Schmalzls Parteizugehörigkeit, die ihm als Regierungspräsident nicht nur zu zahlreichen Auftritten bei liberalen Ortsvereinen verhalf. Nicht zuletzt seinem Parteibuch hatte es der aus einem CSU-nahen Elternhaus stammende Jurist auch zu verdanken, dass ihn im Jahr 2005 der damalige baden-württembergische Justizminister Ulrich Goll (FDP) zum Chef des Stuttgarter Landesamtes für Verfassungsschutz machte. Als einer von ihnen wollte die damalige FDP-Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger 2011 Schmalzl zum Generalbundesanwalt befördern, obwohl ihn für dieses Amt nur wenig qualifizierte, wie der "Stern" aufzeigte. Nach Recherchen des Magazins hatte er in beiden juristischen Staatsprüfungen nur die Note "befriedigend" erreicht. Schmalzl zog seine Kandidatur daraufhin zurück. "Wir wollen verhindern, dass das Amt des Hauptgeschäftsführers für parteipolitische Zwecke instrumentalisiert wird und dies die IHK-Mitglieder auch noch bezahlen müssen", heißt es seitens der Kakteen.
Unqualifiziert aus der Amtsstube
Dabei stelle sich beim Favoriten des IHK-Präsidiums gerade auch die Frage, ob seine Qualifikation den Anforderungen für den Spitzenjob genüge. "Schmalzl hat bislang nur in Behörden gearbeitet und keinerlei Erfahrung in Wirtschaftsunternehmen vorzuweisen", kritisiert Kammerkritiker Albrecht. Tatsächlich ermunterte die Stellenanzeige "Kandidaten (m/w) aus Industrie- und Handelskammern, Wirtschaftsverbänden, Wirtschaftsförderungsunternehmen oder ähnlichen Einrichtungen, ebenso Personen, die in Wirtschaftsunternehmen tätig sind und über entsprechende Erfahrung verfügen" zur Bewerbung. Von Amtsstuben ist in der Profilbeschreibung dagegen keine Rede.
Diese kennt der 52-jährige Schmalzl jedoch zur Genüge, wie sich in der zweiseitigen Kurz-Vita nachlesen lässt, die den Mitgliedern der Vollversammlung als "Bewerbung" übermittelt wurde. "Jeder Personalchef hätte dieses Bewerbungsschreiben aussortiert", empört sich ein Kaktus-Mitglied über das magere Dokument. Der Lebenslauf lasse Zweifel aufkommen, auf welcher Seite der kommende Hauptgeschäftsführer in der Auseinandersetzung mit der Landesregierung stehen werde, heißt es.
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Eric Raasch
am 28.05.2017