SABMiller, die Pilsner Urquell sowie in China das meistverkaufte Bier der Welt namens Snow im Portfolio haben, produzierte 2015 rund 249 Millionen Hektoliter. Für den Konzern arbeiten rund 70 000 Menschen in mehr als 80 Ländern. Letztlich entstand durch die Fusion ein Brauerei-Gigant, aus dessen Sudkessel mehr als jedes dritte Bier kommt, das weltweit getrunken wird. Mindestens 5500 Stellen sollen nach der Übernahme in den kommenden drei Jahre wegfallen.
Bier-Einerlei durch Megafusion? Sachte.
Die Mega-Fusion schmeckt deshalb nicht jedem. Zwar sind Zusammenschlüsse von Unternehmen grundsätzlich erlaubt und "als Ergebnis einer freiheitlichen Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung auch erwünscht", meint das Bundeskartellamt. Sie können aber auch nachteilig für den Wettbewerb sein, warnt die Behörde zugleich: "Den zusammengeschlossenen Unternehmen kann es künftig leichter fallen, Preiserhöhungen, Qualitätsverminderungen oder andere Verschlechterungen seines Angebots am Markt durchzusetzen." Nach dem Gesetz müssen die Kartellwächter eine Fusion untersagen, sollte diese wirksamen Wettbewerb erheblich behindern. "Dies ist insbesondere der Fall, wenn zu erwarten ist, dass durch den Zusammenschluss eine marktbeherrschende Stellung erlangt oder verstärkt wird", sagt das Kartellamt.
Bald also Bier-Einerlei auch im Land von Hopfen und Malz? Sachte. Branchenkenner schließen momentan ein derartiges Szenario für den deutschen Biermarkt aus. Obwohl dieser in der Vergangenheit große Umbrüche erlebte, die vor allem auf Kosten mittelgroßer Brauereien gingen. Traditionsreiche Brauereien wurden von Konkurrenten aufgekauft, oder verschwanden gar ganz von der Bildfläche. So existierten etwa in Stuttgart bis in die Siebziger Jahre fünf große Brauereien. Heute sind es noch zwei. Anfang 1971 übernahm die Familienbrauerei Dinkelacker zunächst die alteingesessene Brauerei Wulle, sechs Jahre später auch die Brauerei Sanwald. 1996 schlossen sich die Stuttgarter Traditionsbrauereien Dinkelacker und Schwaben Bräu zusammen. Die Dinkelacker-Schwaben Bräu AG wiederum wurde am 1. Oktober 2004 von InBev geschluckt. Im selben Jahr stieg die Radeberger Gruppe, ein Unternehmen des Bielefelder Familienkonzerns Oetker, mit 49 Prozent bei Stuttgarter Hofbräu ein. 2007 kaufte Wolfgang Dinkelacker, Urenkel des Firmengründers Carl Dinkelacker, Dinkelacker-Schwaben Bräu wieder dem Braukonzern Inbev ab und überführte sie wieder in Familienbesitz. 2010 übernahm die Radeberger Gruppe die restlichen Anteile an Stuttgarter Hofbräu.
Stefan Seipel jedenfalls schreckt die Megafusion nicht auf. "Unsere regionalen Marken haben sich gut entwickelt", betont der Marketingleiter der Familienbrauerei Dinkelacker Schwabenbräu, die heute mit einem jährlichen Bierausstoß von 750 000 Hektolitern zu den größten mittelständischen Brauereien im Land zählt. Das "Wulle-Bier", das man seit 2008 als Reminiszenz an die einstige Stuttgarter Traditionsbrauerei braut, lege im Absatz ständig zu. "Wir sehen unsere Stärke darin, flexibel am Markt operieren zu können, nah am Kunden, am Geschmack der Menschen aus der Region", unterstreicht Seipel.
Trotz Fusionen steigt die Zahl der Brauereien sogar
Nein, Panik scheint der neue Biergigant unter den hiesigen Familienbetrieben wirklich nicht auszulösen. Im Gegenteil: Trotz Fusionen und Übernahmen steigt die Zahl der Brauereien kontinuierlich. Im Jahr 2015 zählte das Statistische Bundesamt 1388 Betriebe. Zwanzig Jahre zuvor waren es noch 106 weniger gewesen. Der Zuwachs basiert jedoch vor allem auf Gründung kleiner Brauhäuser. Heute befindet sich fast die Hälfte der Brauereien (626) in Bayern, wo auch mit rund 23 Millionen Hektoliter das meiste Bier gebraut wurde. Mit 190 Brauereien folgt Baden-Württemberg, wo rund 6 Millionen Hektoliter Bier erzeugt wurden. Nordrhein-Westfalen nimmt den dritten Platz mit 125 Brauereien ein. Dort wurde mit rund 20 Millionen Hektoliter die zweithöchste Menge Bier in einem Bundesland hergestellt.
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Ernst Hallmackeneder
am 28.02.2017