Zu den gerne zitierten Bonmots von US-Präsident Donald Trumps letztwöchiger Pressekonferenz gehört ja unter anderem sein Wunsch nach "freundlichen Reportern" respektive Medien, die seine großartige Arbeit nicht so ungebührlich kritisierten. Jetzt schäumen Kommentatoren unisono, der Präsident habe das Prinzip einer freien Presse in einer Demokratie nicht verstanden. Und die Aufregung ist völlig gerechtfertigt. Wird ein solcher Wunsch nach gewogener Berichterstattung aber auf einer weltpolitisch einige Nummern kleineren Bühne geäußert, von einer nicht ganz so zeternd und erratisch agierenden Person, können die Reaktionen freilich auch ganz anders ausfallen.
Etwas mehr als zehn Jahre ist es her, genauer, Anfang September 2006, da fühlte sich offenbar der damalige baden-württembergische Ministerpräsident Günther Oettinger von der Presse etwas unangemessen behandelt, vor allem hinsichtlich eines von ihm besonders geschätzten Projekts. Und so forderte er per Brief 30 MedienvertreterInnen, darunter die Chefredakteure aller wichtigen Medien im Land, sowie andere "namhafte Persönlichkeiten des Landes" auf, für Stuttgart 21 sowie die Neubaustrecke nach Ulm zu werben. Da jene eine "herausragende Bedeutung für die künftige Entwicklung Baden-Württembergs" hätten, halte er es für angezeigt "insbesondere durch eine nachhaltige Öffentlichkeitsarbeit die Verwirklichung beider Projekte zu befördern." Aus diesem Zwecke lud er die Angeschriebenen zum Gründungstreffen eines "Unterstützerkreises Stuttgart 21".
Was unmittelbar darauf folgte, war ein wütender Aufschr... naja, einige vereinzelte Äußerungen von Skepsis. Auf Nachfrage der taz gab der Trierer Medienwissenschaftler Hans-Jürgen Bucher zu Protokoll, dem Aufruf von Oettinger liege "eine äußerst problematische Vorstellung von der Funktion und der Unabhängigkeit der Presse zugrunde", die Mitgliedschaft in einem solchen Unterstützerkreis sei "ein klarer Verstoß gegen die journalistische Unabhängigkeit". Und Karl Geibel, damaliger Chef des Deutschen Journalistenverbandes (DJV) in Baden-Württemberg, nannte es "unklug", wenn Oettinger versuche, "Chefredakteure zu Mitwirkenden gewinnen zu wollen". Denn "die Aufgabe der Presse", so Geibel, sei – man höre und staune – "die Kontrolle der Politik".
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Jue.So Jürgen Sojka
am 27.02.2017Hier ein guter Ersatz http://www1.wdr.de/daserste/monitor/extras/uebersichtdossierttip100.html Monitor Extra vom 23.07.2015 Geheime Schiedsgerichte – Schein und Sein des Sigmar Gabriel | Video 6:51 Min. und…