Die Teilantwort lautet: Die Deutsche Bahn AG war – weit mehr als die vorausgegangene "Behördenbahn" – von Anfang an ein politisches Projekt. Es ging bei ihr seit 1994 (unter dem Ex-AEG/Daimler-Manager Heinz Dürr), dann verstärkt seit 2001 (unter dem Ex-Daimler-Manager Hartmut Mehdorn) und nunmehr seit 2009 (unter dem Ex-Daimler-Manager Rüdiger Grube) immer im Kern um die Privatisierung öffentlichen Vermögens und im Kern auch um einen Abbau von Flächenbahn. Dies wiederum kam immer dem Flugverkehr, dem Pkw-Verkehr und seit zwei Jahren massiv dem flächenhaften Fernbusverkehr zugute. Dass Daimler zugleich der weltweit größte Bushersteller ist, mag man mit einem Honi soit qui mal y pense quittieren.
Insbesondere die 2008 geschaffene DB ML war die entscheidende Plattform für eine Privatisierung der Bahn – auch und gerade nach dem im September 2008 abgesagten Börsengang. Und so sprach dann die FAZ am 7. November 2009, kurz nach Grubes Amtsantritt, bereits Klartext: "Der Zeitpunkt für eine Privatisierung wird wieder kommen, gar keine Frage." Der damals neue Finanzvorstand Richard Lutz tat am 5. Februar 2011 in der "Börsen-Zeitung" kund: "Wir reden [bei der Bahnprivatisierung; W. W.] über maximal 25 Prozent an der Mobility Logistics AG, also an den Transportaktivitäten. Im September [2011] werden wir wieder vier Stationen mit Roadshows haben: in Tokio, in Peking, Hongkong und Singapur besuchen wir Staatsfonds und Pensionsfonds." Noch wenige Tage vor der jetzigen Aufsichtsratssitzung, am 18. Juli 2015, hieß es in der "Welt", mit dem geplanten Wegfall von DB ML seien nunmehr "alle Weichen so gestellt, dass Teile des DB-Konzerns in private Hände übergehen könnten".
9 Kommentare verfügbar
F. Fischer
am 31.07.2015Neuer Rundumschlag? Köstlich.
Warum glaube ich pseudoeloquenten Typen mit der kratzigen Schleiflackrhetorik kein Wort? Keines. ... Tja. Warum?
invinoveritas
am 30.07.2015Im Übrigen: Ich brauche gar keine Ausreden. Ich bin, wie hier schon mehrfach dargetan, entschiedener S-21-Gegner und halte ohnehin wenig bis nichts vom Geschäftsgebaren des Unternehmens Deutsche Bahn, von seinen Eroberungsstrategien und seiner kundenfernen Prioritätensetzung, von den Privatisierungsplänen, von der Entlohnung seiner Bosse und von seinem lendenlahmen Aufsichtsrat, von der ganzen neoliberalen Profitmacherei mit dem öffentlichen Gut Personen- und Warentransport.
Nur war das hier nicht mein Thema. Mein Thema war Tillupp, mit seiner zügellosen Logorrhoe, seinen schrägen historischen Urteilen und seinen offenbar nur auf esoterischen Wegen zu gewinnenden Erkenntnissen über Verhalten und Motive ihm unbekannter Dritter.
Dies nur fürs Protokoll. Also nicht in der Erwartung, es könne etwas ändern am blindwütigem Dogmatismus von Leuten, denen aber womöglich ein gelegentlicher Riesling zu einer gewissen Entspannung verhelfen könnte.
F. Fischer
am 30.07.2015"Stuttgart 21 belastet die Bilanz zusätzlich
Solche untauglichen Rahmenbedingungen – und nicht die von Grube vorgeschobenen Streiks der Lokführer – sind neben den hausgemachten Problemen für die kritische Entwicklung der Bahn maßgeblich verantwortlich. Mit Stuttgart 21 soll die inzwischen wieder hoch verschuldete DB überdies ein politisch gewolltes, unterm Strich kaum wirtschaftliches Prestigeprojekt stemmen und dafür mehr als zwei Milliarden Euro aus eigener Kasse investieren. Wie das angesichts der Krisenlage gehen soll, werden schon bald auch die verantwortlichen Politiker beantworten müssen."
(StZ, Wüpper)
invinoveritas
am 30.07.2015Hier enthüllt er, was diese Lügenpresse immer für sich behalten hat, nämlich das eigentliche Problem der Deutschen Bahn: Die Chefs fahren ja gar nicht mit ihr!!! Woher Tillupp das weiß, erfährt man zwar nicht - aber egal, jedenfalls ist das eine Riesensauerei, und ab sofort braucht sich kein Schwein mehr zu wundern, wieso eine von den Grubes, Pofallas, Dobrindts etc. verschmähte Bahn derart auf den Hund kommen konnte.
Und zur Nachbargeschichte über den Herrn Farny teilt uns Generalist Tillupp großzügig dies mit: Die Bundesrepublik wurde von den Nazis aufgebaut. Dass der Rest seiner Botschaft reichlich wirr wirkt, wird mehr als nur wettgemacht vom Gewicht dieser Erkenntnis. Diesmal sind es die Historiker, die sich sagen lassen müssen, diesen Sachverhalt konsequent verschwiegen zu haben. Jedenfalls sollte, nein: m u s s die Geschichte Nachkriegsdeutschlands neu geschrieben werden. Und unser aller Dank gebührt: Tillupp.
Peter Boettel
am 29.07.2015Während des GDL-Streiks habe ich immer betont, dass die überhöhten Vorstandsbezüge und Aufsichtsratstantiemen (die ohnehin an Leute mit hohen Gehältern zusätzlich gezahlt werden), dazu für die Vorstände und Aufsichtsräte der zig Tochtergesellschaften, die seit der Privatisierung gebildet wurden, mit Sicherheit ausgereicht hätten, dem Zugpersonal einschließlich dem Personal an Stellwerken, Bahnhöfen etc., das wirkich verantwortungsvolle und z.T. schwere Arbeit mit Schichtbetrieb u.ä. leistet, eine auskömmliche und anständige Vergütung zukommen zu lassen. Stattdessen werden abgehalfterte Politnieten wie Pofalla für ihr Versagen noch belohnt.
Wieviel Geld verschwendet die Bahn, indem sie sich selbst Konkurrenz durch Fernbusse schafft, ausländische Gesellschaften wie die britische Arriva aufkauft, Bahnhöfe, Brücken, Gleise und andere Einrichtungen verkommen lässt und so wie auch durch ständige Erhöhung der Fahrpreise die Leute vom Bahnfahren abhält?
Tillupp
am 29.07.2015Alfred
am 29.07.2015Sollte wer solche Verluste zu verantworten hat nicht eher 24 Prozent weniger erhalten ?
Schwabe
am 29.07.2015"...Der Bahnchef hat Geldsorgen", schreibt die "Welt" und liegt damit doppelt daneben. Erstens hat sich Grube vor einem Jahr eine satte Erhöhung seines Jahreseinkommens um 24 Prozent (von 2 742 000 auf 3 396 000 Euro) genehmigen lassen..."!
Und das deutsche Volk zahlt und zahlt und zahlt und zahlt und zahlt!
Jedoch im Gegensatz zu früher nicht in die eigene Daseinsvorsorge (Volksvermögen) sondern um Herrn Grubes "Lohn" von 3 396 000 Euro zu bezahlen, den Rückbau der Flächen-/Bürgerbahn zu finanzieren und um zukünftige private Investoren zu befriedigen.
Die deutsche, hart arbeitende Bevölkerung muss seit Jahren Niedriglöhne bzw. Reallohnverlust hinnehmen und wurde seines kompletten, über Generationen angesparten Volksvermögens/der Daseinsvorsorge (Bahn, Energie, Gesundheit, etc.) beraubt - politisch gerne auch Privatisierung und Investorenschutz gennant.
Dies ist bürgerlich neoliberale Politik in Perfektion (CDU/CSU, SPD, Grüne, AfD, FDP)!
Und die Beliebtheit dieser Politik scheint in der deutschen Bevölkerung ungebrochen zu sein, frei nach dem Motto: Nur die dümmsten Lämmer wählen ihre Metzger selber!
CharlotteRath
am 29.07.2015Es soll vor allem hier im Inland, beim Regional- und Fernverkehr, "Ballast abgeworfen werden" (http://www.welt.de/wirtschaft/article143771918/Deutsche-Bahn-verdient-nur-im-Ausland-richtig-Geld.html).
Gestärkt werden hingegen Vorstände für (Konzern-)Recht und Aufgaben wie die 'Pflege der politischen Landschaft' (vulgo: Steuergeld bei anderen wie EU, Bundesländern und Kommunen eintreiben).
Nicht unwichtig in diesem Kontext:
a) "Die EU-Kommission hat am Mittwoch (15.07.2015) Geldstrafen von 49,15 Mio. Euro gegen die ÖBB und die Deutsche Bahn verhängt ... Auf DB Schenker entfällt eine Strafe von 31,8 Mio. Euro wegen Beteiligung an einem Kartell für sogenannte Ganzzugladungen. "
http://www.salzburg24.at/eu-kommission-verhaengt-kartellstrafe-von-17-mio-gegen-oebb/apa-s24_1324315658
b) "Wenn die Monopolkommission mit Bahnchef Rüdiger Grube fertig ist, ist von der Deutschen Bahn AG (DB) kaum mehr etwas übrig. Seit Jahren arbeitet sich das unabhängige Beratungsgremium der Bundesregierung am Staatsunternehmen Bahn ab ... im neuesten Gutachten, das der 'Welt' in Auszügen vorliegt, geht die Kommission noch ein Stück weiter. ... Die Bahn soll das Schienennetz abgeben. Jene DB-Sparten also, die den Personen- und Güterverkehr organisieren, sollen von der DB-Netz, die die Fahrwege und Bahnhöfe verwaltet, getrennt werden. Und für das Logistik- und Schienengütergeschäft sieht die Monopolkommission – anders als für den Personenverkehr – eine Privatisierung vor."
22.07.2015, http://www.welt.de/print/die_welt/wirtschaft/article144297890/Monopolkommission-will-Deutsche-Bahn-zerschlagen.html
Im Personenfernverkehr innerhalb Deutschlands hat die DB AG übrigens einen 'absolutistischen Marktanteil von 98%' (http://www.zeit.de/wirtschaft/2014-01/infografik-bahn).
c) Zwar schon etwas älter, aber noch nicht vergessen:
"Die Europäische Kommission nimmt die Deutsche Bahn (DB) erneut scharf ins Visier und kritisiert die Struktur des Staatskonzerns. Brüssel droht der Bundesregierung als Eigentümerin des Unternehmens mit einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof, weil die Finanzströme der DB AG undurchsichtig seien. ... Aus Geschäftsfeldern, die mit staatlichen Zuschüssen betrieben werden, könnten Mittel abgezweigt und in andere Sparten umgeleitet werden, lautet der Vorwurf. ... Verkehrskommissar Siim Kallas und andere hochrangige Eurokraten arbeiten hartnäckig daran, den DB-Konzern in seiner heutigen Struktur zu zerlegen."
http://www.welt.de/wirtschaft/article117320301/Monopol-Kommission-und-EU-attackieren-die-Bahn.html
Zur bereits erfolgten Privatisierung nun nicht mehr 'bahnbetriebsnotwendiger Flächen' gäbe es auch noch eine Kleinigkeit nachzutragen.
Diese Flächen, ehemals in deutschem Staatsbesitz (ursprünglich z. T. sogar für Bahnbetriebszwecke enteignet) wurden an eine Tochter namens Aurelis übertragen. Aurelis gehört inzwischen zu 93% zum U.S.amerikanischen Fonds Grove International Partners (gegründet von Geoge Soros, dessen Vermögen auf der Forbes-Liste 2015 mit ca. 24,2 Milliarden US-Dollar angegeben wird).
Und solche 'nicht bahn-betriebsnotwendigen' Flächen gibt es auch in Stuttgart, für die der hiesige Gemeinderat eifrig Baurecht ausweist - es lebe die städtebauliche (?) Aufwertung!