Es ist absurd, dass wir in Afrika über Einsparungen reden, denn alle afrikanischen Länder zusammen sind für genau 3,7 Prozent der globalen Emissionen verantwortlich. Aber wenn die deutsche Regierung der ruandischen einen Teil ihres in Paris vereinbarten Budgets abkaufen will, dann profitiert unsere Gesellschaft kurzfristig davon. Durch die Einnahmen stehen uns mehr Ressourcen etwa für Anpassungsmaßnahmen und den Aufbau von Klimaresilienz zur Verfügung. Aber diese Verschiebung von CO2-Budgets vom Norden in den Süden bedeutet nicht, dass das global für die notwendige Reduktion der Gesamtemissionen sorgt. Ruandas Wälder und Moore haben schon immer CO2 gebunden – der einzige Unterschied ist jetzt, dass wir dafür von euch bezahlt werden. Aber am Ende des Tages steigen die globalen Emissionen trotzdem weiter an und das ist das Problem.
Aber ist das nicht in gewisser Weise eine Art Kompensation des globalen Nordens an den Süden?
Wenn wir über Kompensationen reden, dann müssen wir als erstes darüber reden, wie der Norden all die Zerstörung, die im Süden angerichtet wurde, wiedergutmachen will – die bereits geschehene, nicht die zukünftige. Die Ökosysteme, die zerstört sind, die Arten, die ausgestorben sind, all die Menschen, die durch Naturkatastrophen ihr Leben verloren haben. Wie gedenkt ihr das zu kompensieren? Wir sind nicht für die Ursachen dieser Katastrophe verantwortlich, sondern ihr im globalen Norden.
Kann es denn unter diesen Bedingungen überhaupt einen gerechten und wirkungsvollen Zertifikathandel geben?
Wenn es einen Zertifikathandel gibt, dann darf dabei nicht mit zweierlei Maß gemessen werden. Wenn ein Unternehmen im Norden davon profitiert, eine Tonne CO2 zu emittieren, muss ein Projekt im Süden, das diese Tonne wieder bindet, von diesem Unternehmen im gleichen finanziellen Maß entschädigt werden. Das würde einen direkten Anreiz schaffen, Emissionen wirklich zu reduzieren, weil sich der Ausstoß wirtschaftlich nicht lohnt. Unternehmen im Norden müssen ihr business-as-usual radikal verändern, sonst werden die Emissionen nie zurückgehen, sondern nur immer weiter ansteigen.
Die Diskussion, wie den Folgen des Klimawandels zu begegnen ist, ist auch im Norden im vollen Gange. Doch sobald es konkret wird, gibt es Widerstände.
Es ist traurig, wenn ihr im Norden denkt, dass man einfach so weitermachen kann und der Süden all diese Emissionen kompensieren wird. Das wird nicht passieren, weil es unmöglich ist. Die Kapazitäten dafür gibt es hier nicht. Der einzige Marktmechanismus, der etwas nützen würde, ist einer, der ernsthaft die globalen Emissionen reduziert.
1 Kommentar verfügbar
Ralf Naujoks
am 27.11.2022Wo bleibt die Klimagerechtigkeit und Verantwortung gegenüber den Tieren und der gesamten Natur?
Die sitzen nicht an den Verhandlungstischen. Wir Menschen dürfen uns nicht mehr als Mittelpunkt…