"Guten Tag. Herzlich willkommen!", liest Bernhard Herbordt aus dem Drehbuch des eigenen Stücks "Das Theater". "Sie wollen bei uns eintreten?" Eigentlich stammt der Text von Franz Kafka. "Kommen Sie ruhig näher. Es ist das größte Theater der Welt!" Innen rücken die Besucher in den kleinen Räumlichkeiten zusammen, es ist kuschelig.
Das Schaudepot befindet sich im Souterrain eines Mehrfamilienhauses im Stuttgarter Süden. Früher war es die Werkstatt eines Fliesenlegers. Von einem Empfangsraum mit schwarzem Tresen geht es geradeaus in das "Büro", weiter durch den Kellerflur ins "Kino", das zugleich der Technikraum ist. Geräte wie Beamer, Kameras und Werkzeuge sind hier gelagert, die man auch ausleihen kann, das Schaudepot arbeitet hier mit dem Verein Teilbar zusammen. Das eigentliche Depot, gleich rechts vom Eingang, ist ein länglicher Raum, gerade mal 14 Quadratmeter groß.
Schaudepots gibt es sonst nur in Kunstsammlungen: Wenn der Platz an den Wänden eines Museums nicht ausreicht, bleibt ein Teil der Werke im Depot, kann dort aber aus dem Regal gezogen und angesehen werden. Mit Theaterstücken geht das nicht so einfach. Während an den großen Bühnen Repertoirestücke manchmal lange im Programm bleiben, erklärt Herbordt, seien die Aufführungen der freien Szene meist nach kurzer Zeit wieder Geschichte. Nichts erinnert mehr an sie, außer dem, was das Publikum von ihnen im Gedächtnis behält. Die beiden Theatermacher:innen Melanie Mohren und Bernhard Herbordt haben sich also gefragt: Wie wäre es, wenn wir unsere eigenen Stücke irgendwo archivieren? Um sie wieder hervorholen und vorzeigen zu können?
Eine neue Theater-Dimension
Im Juli 2021 eröffnet, ist das Schaudepot auch ein Kind von Corona. Viele Kulturschaffende haben ihre Aufführungen gestreamt oder neue Stücke entwickelt. Herbordt und Mohren dagegen entwickelten eine neue Form, eine andere Dimension von Theater.
Normalerweise findet Theater zu festen Terminen statt. Das Publikum ist idealerweise so groß, dass der Saal gefüllt ist. Beim Schaudepot ist das anders. Nicht nur fehlt für eine größere Anzahl von Zuschauern der Platz, sie können auch grundsätzlich jederzeit kommen. E-Mail oder Anruf genügt. In der Mittagspause, nach der Arbeit, am Abend oder am Wochenende. Mittwochs zwischen 12 und 14 Uhr ist regulär geöffnet. Das Schaudepot lässt sich auch per Zoom-Konferenz erkunden. Aus einem Katalog von derzeit ungefähr zehn Programmen können sich Besucher:innen aussuchen, was sie sehen wollen, oder eine Führung buchen.
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