"Störung, Störung", singen Viktoriia Vitrenko und Nesindano Xhoes Namises. Das rhythmische Riff, das ein wenig an "Tainted Love" von Soft Cell erinnert, ist unterbrochen, die Töne schweben im Raum. Dann wechselt Schlagzeugerin Débora Vilchez in den Siebenachteltakt: Zwei Viertel schlägt sie, mit beiden Händen gleichzeitig, auf Hi-Hat und Tomtom, die verbleibenden drei Achtel mit dem Fußpedal auf der großen Trommel. Das rockt – doch nicht alle kommen auf Anhieb mit.
Es ist Probetermin, Freitagmittag im früheren Bahnpostamt am Rosenstein, das einmal Operninterim werden sollte, jetzt aber überwiegend wieder vom Paketdienst DHL genutzt wird. Gleichwohl gibt es jede Menge Räume, die sich hervorragend für künstlerische Zwecke eignen.
Vitrenko treibt ihre Mitmusiker:innen an wie eine Rockband. Dabei ist sie klassisch ausgebildete Sopranistin und Dirigentin. "Die eigene Komfortzone verlassen", nennt die Ukrainerin das. Die Komfortzone: Das ist für sie der Konzertsaal. Da spielt sie keineswegs nur das gewohnte klassische Repertoire, sondern auch kratzbürstige zeitgenössische Musik. Aber Vitrenko will da hin, wo sich das Leben abspielt. Rap und Beethoven brachte sie im Juli auf die Bühne des Wilhelma-Theaters, mit dem Stuttgarter Kammerorchester und Häftlingen aus der Justizvollzugsanstalt Adelsheim.
Widerständig, grenzüberschreitend, kollektiv
"Noch nie hat eine Zeitung über Interakt geschrieben", beschwert sich die künstlerische Leiterin Jasmin Schädler. Das sagt nichts über die vor fünf Jahren gegründete Künstler:innen-Initiative, umso mehr über den Zustand des Kulturjournalismus. Denn Interakt hat alles, was es braucht: Die Projekte behandeln aktuelle Themen, sind interdisziplinär, inklusiv und international besetzt. Sie gehen hinaus an die Öffentlichkeit, auch an Brennpunkte, etwa im Programm "Am unteren Rand – Brückenmonologe" mit dem Paule-Club, den Drogensubstituierten unter der Paulinenbrücke. Die Musik ist zugänglich. Und die Gruppe hat eine weltweit bekannte Gallionsfigur: Maria Kalesnikava.
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