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Klima-Bewegung

Wenig Camp, viel Streik

Klima-Bewegung: Wenig Camp, viel Streik
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 Fotos: Jens Volle 

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Tausende waren vergangenen Freitag zum bundesweiten Klimastreik in 250 deutschen Städten auf den Straßen. Auch in Stuttgart und Baden-Württemberg. Das Klimacamp der Aktivist:innen von Kesselbambule blieb dagegen eher leer. Die Szene debattiert, wie radikal Klimaschutz gefordert werden muss.

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Geplant ist das Camp des Bündnisses Kesselbambule seit Mai. Aber an diesem sonnigen Donnerstag in der vergangenen Woche, dem letzten Camp-Tag, sind die meisten Zelte im Stadtgarten vor der Uni leer und auch auf dem Rasen finden sich mehr Kastanien als Teilnehmende. Der Workshop zum Bau eines Lastenrads der Bikekitchen Cannstatt ist mit etwa 15 Leuten ganz gut besucht, auch das Zelt, in dem Aktivistin Bea später aus dem Buch "Glitzer im Kohlestaub" liest, einer Sammlung Innensichten von Klimaaktivist:innen, lauschen immerhin 18 Personen, inklusive Orga-Team und Sanitäter mit Hund.

Parallel zur Mobilitätswoche der Stadt Stuttgart lief das Camp ebenfalls eine Woche. Vielleicht zu lang, sagen die Organisator:innen, angesichts der eher unterdurchschnittlichen Besucherzahl. Auch Dauerregen und Kälte hätten vermutlich Besucher:innen abgehalten, heißt es, zudem sind noch Semesterferien. Der Zeitpunkt sei vielleicht kein so guter gewesen. Ob auch Veranstaltungstitel wie "Wie wir die imperiale Lebensweise überwinden und die sozial-ökologische Transformation umsetzen" möglicherweise für eine breitere Masse abschreckend waren? Mit dem Camp habe man versucht, für alle etwas zu bieten, sagt Charlotte von Bonin vom Orga-Team und den Stuttgarter Fridays. "Auch für solche die tiefer in Themen einsteigen wollen und für Leute, die öfter auf Klimacamps sind."

Zufrieden seien sie dennoch, sagt von Bonin: "Das war ein super Abschlusstag." Und mit weniger Besucher:innen sei mehr Zeit gewesen, sich innerhalb der bundesweit angereisten Aktionsgruppen wie "Zucker im Tank" oder der Anti-Kohle-Aktivist:innen von "Ende Gelände" zu vernetzen. Auch die Fridays hatten ein Panel beim Camp. Thema unter anderem: "End fossile, Occupy". Unter diesem Motto möchten Klimaaktivist:innen ab jetzt und bis Ende des Jahres weltweit Schulen und Unis besetzen, um gegen die Förderung fossiler Energien zu demonstrieren. "Wir werden Besetzungen als Mittel nutzen, um für unsere Gegenwart und Zukunft zu kämpfen. Dies ist nur durch ein schnelles Ende von fossilen Brennstoffen möglich", heißt es in einem offenen Brief der Aktion, gerichtet an die Teile der Klima-Bewegung, die mehr Schmackes hinter ihre Forderungen bringen wollen. Denen, die da eine Radikalisierung fürchten, treibt das sicher den Schweiß auf die Stirn.

Wie etwa in der "Zeit" dem Stockholmer Sven Hillencamp (Scientists for Future). "Ja, die Klimabewegung geht derzeit in die Irre", meint der Autor. Ihm stehe zwar der Sinn "nach politischen Erschütterungen. Erdbeben." Unter dem Titel "Wir müssen lernen, uns von Narren warnen zu lassen" gießt er dann aber einen ganzen Bedenken-Katalog in Worte: "Es bedarf keiner böswilligen Interpretationen, um das Gespenst eines neuerlichen linken Extremismus an die Wand zu malen." Eine schlagkräftige Klimabewegung brauche die breite Masse und da sorgt er sich vor allem um die Anschlussfähigkeit radikalerer Klimaaktivisten, die sich auf Straßen und an Kunstwerken festkleben: "Mahatma Gandhi hat seinen Widerstand nicht gegen das indische Volk gerichtet. Er hat sich nicht an indischen Kunstwerken und Heiligtümern festgeklebt. Darum musste er sich um die Sympathien und die Unterstützung der Inder nicht sorgen."

Am Freitag stieg der globale Klimastreik, initiiert von Fridays for Future, unter dem Motto #PeopleNotProfit. Zentrale Forderungen: einen Systemwandel weg vom Kapitalismus, trotz Gaskrise mehr Erneuerbare und keinesfalls einen Rückfall in Kohle und Atomstrom, her mit dem Neun-Euro-Ticket und 100 Milliarden für den Klimaschutz. Immerhin hat die Bundesregierung auch für die Bundeswehr 100 Milliarden lockergemacht, warum also nicht zur Erhaltung unser aller Lebensgrundlage?

Aktivist:innen trotzen der Krisenmüdigkeit

Der MDR hatte kurz zuvor eine selbst gemachte Studie veröffentlicht: Zwei Drittel aller sich beim Format "MDRfragt" beteiligenden Menschen sehen Klimastreiks aktuell "weder als angemessen noch als notwendig" an. Jetzt, wo sich alle Sorgen machen um die Strompreise und die eigene Gasheizung. Auch die NZZ aus der Schweiz meint: "Hochschiessende Energiekosten und zunehmende Geldentwertung: Die akuten Nöte dürften vielen Bürgern mehr Sorge bereiten als die Erderwärmung", heißt es da.

Tatsächlich ist die Bewegung auch in Baden-Württemberg kleiner geworden. Sei es aus Enttäuschung, weil der Weg doch länger ist als gedacht, oder aus Verzweiflung wegen Corona oder dem Fernbleiben all derer, die es doch nicht so ernst meinten mit dem Klimaprotest. Und dennoch: Die Fridays haben in Stuttgart beinahe 10.000 Menschen auf die Straßen gebracht, in Tübingen 2.000, in Ulm 1.000, in Freiburg 9.000, die ihren Streiktag mit "Schulstürmungen" begannen und mit Megaphonen versucht haben, Schüler:innen aus den Klassenräumen direkt auf die Demo zu bringen.

Die "Fridays For Future" in Albstadt haben zum Streiktag sogar den ersten zentralen Klimastreik im Zollernalbkreis auf die Beine gestellt. Auf dem Balinger Marktplatz trafen sich etwa 150 Demonstrierende. Für mehr Solaranlagen auf Dächern, für aktive kommunale Unterstützung von Windparks, für Bauen ohne Flächenfraß.


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3 Kommentare verfügbar

  • Jue.So Jürgen Sojka
    vor 2 Wochen
    Antworten
    „Auch in Stuttgart und Baden-Württemberg.“ bleiben die "Kinderschuhe" bestimmend - das viel zu eng gedachte Aufbegehren im Einsatz für die eigene Zukunft:
    Eckart von Hirschhausen erklärt, was der Trotz von Dreijährigen und eine volle Blase mit dem Kampf gegen den Klimawandel zu tun haben und warum…
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