Für den Linken Luigi Pantisano war die Debatte der "jüngste Tiefpunkt" des Gemeinderats. Er stört sich besonders am Antrag der FDP, mit dem sich die Partei gegen eine Landeserstaufnahme (LEA) für Geflüchtete in Stuttgart aussprach. Damit würden sich die Liberalen an die Seite der rechtsextremen AfD stellen, sagt der Gemeinderat im Plenum. "Buh", "Pfui" und "Populismus" schallt es ihm daraufhin von der mit etwa 50 Leuten besetzten Zuschauertribüne entgegen.
Applaus ernten dagegen diejenigen, die sich gegen eine LEA in Stuttgart stellen, allen voran Oberbürgermeister Frank Nopper (CDU). Der erinnert zu Beginn daran, dass die Kommune in der Sache ohnehin nichts zu melden hat. Ob und wo eine LEA eingerichtet wird, liegt allein in der Hand der Landesregierung und die lässt gerade sechs Standorte prüfen. Trotz der Nichtzuständigkeit der Kommune stimmte der Gemeinderat am vergangenen Donnerstag darüber ab, wie sich die Landeshauptstadt zu einer LEA positionieren sollte.
Die ökosozialen Fraktionen stellten dem Antrag der FDP einen eigenen entgegen: "Stuttgart setzt sich für die Ansiedlung von einer Landeserstaufnahmeeinrichtung ein", lautet der Titel. Betrachtet man die Mehrheitsverhältnisse im Gemeinderat, war schon im Vorhinein absehbar, wie das Ergebnis ausfallen wird – die Ökosozialen sind in der Überzahl. Trotzdem wurde der Tagesordnungspunkt teils sehr aufgeregt diskutiert. Am absehbaren Abstimmungsverhalten der Gemeinderät:innen änderte das zwar nichts, für die Fraktionen bot es aber die Gelegenheit, dem Publikum ihre Haltung klarzumachen.
Liberale bis AfD gegen LEA
Gut besucht war die Empore über dem Großen Sitzungssaal allemal, das Interesse am Thema ist groß. Anders als der Gemeinderat unter ihnen waren die meisten Zuschauer:innen gegen eine LEA, wie die Lautstärke des Applauses verriet. Den erntet nicht nur der Oberbürgermeister, sondern auch dessen Parteikollege und Fraktionschef Alexander Kotz, der Liberale Friedrich Haag, Vertreter:innen der Freien Wähler und Thomas Rosspacher von der AfD – bei letzterem fiel der Beifall aber deutlich verhaltener aus. Rosspacher zitiert den oft wiederholten Satz, den angeblich der Journalist Peter Scholl-Latour mal gesagt haben soll (ein verlässlicher Beleg ist nicht zu finden): "Wer halb Kalkutta aufnimmt, hilft nicht etwa Kalkutta, sondern wird selbst zu Kalkutta." Aus Minderheiten seien inzwischen "Souveränitäten" geworden, die "in ungutem Maße" auf ihr Umfeld einwirken und damit die deutsche Gesellschaft spalten, behauptet der AfDler.
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Wes
am 15.12.2024