Roman ist heute 29 Jahre alt und hat gewählt. SPD. Sein Vater hat die AfD gewählt, er habe heftige Auseinandersetzungen darüber mit ihm. "Politisch Verantwortliche gehen zu wenig an die Schulen", sagt Roman. Seine damalige Schule, das Wirtschaftsgymnasium West, habe bei den vergangenen Wahlen alle Parteien in die Aula zum Gespräch eingeladen. Das ging von der Schule aus und nicht von den Parteien, berichtet er. "Die zeigen sehr wenig Eigeninitiative", hat er festgestellt. Es brauche aber niederschwellige Angebote. Kaum jemand gehe freiwillig an einen Wahlstand, das gelte auch für Erwachsene. Roman meint, die Jugendlichen im Alter von 16 bis in ihre 20er sähen wenig Sinn darin, sich politisch zu beteiligen. Deren Argument: es ändere sich eh wenig und hätte keine direkten Auswirkungen.
Dyar
Auch der 17-jährige Dyar (Name ist der Redaktion bekannt, hier aber geändert) wählte nicht. "Lieber nicht wählen als etwas falsches", sagt er. Bei CDU oder AfD hätte er aber kein Kreuz gemacht, eigentlich favorisiert er die SPD. Er mag Olaf Scholz, den Bundeskanzler. "Israel und Palästina sind kein Problem für mich", aber er wolle nicht, dass die SPD Israel finanziell im Gaza-Krieg unterstütze. Seine Informationsquellen sind vornehmlich Tiktok und Instagram. Oder der Gemeinschaftskundeunterricht seiner Gemeinschaftsschule in Stuttgart-Münster. Er bedauert, dass dieser Unterricht dauernd ausfalle, weil die Lehrerin oft fehle. Dyar informiert sich wenig über Parteien: "lieber über Deutschland", sagt er. Im Gemeinschaftskundeunterricht habe er eine Präsentation über den Ärztemangel in Deutschland gehalten, dabei habe er viel gelernt.
Dyar ist engagiert, er ist Klassen- und Schülersprecher, in der SMV organisieren sie zum Beispiel Fußballturniere. Sein Herzensprojekt ist allerdings, eine Gruppe oder einen Verein zu gründen, der über den Islam aufklärt. Am liebsten ein Medium, das sich von Islamist:innen distanziert. Er will nicht, dass die Mehrheitsgesellschaft den Islam über einen Kamm schert und Vorurteile darüber gestreut werden. Dyar ist aufstiegsorientiert wie sein Vater, der ihm ein Vorbild sei und der eine eigene Firma gegründet habe. Sein Großvater ist vor 28 Jahren aus der Türkei eingewandert. Auf eigenen Beinen stehen, das sei wichtig in der Familie, meint er. Seine Mutter wolle, dass er studiert, sein Vater sei etwas gelassener und sage, "mach den Job, den du machen möchtest." Im Hinblick auf die Zukunft sei er zuversichtlich. "Wir dürfen uns nicht einreden, dass wir es nicht schaffen", sagt er. Sicher, manchmal verliere er die Lust, aber dann käme wieder die Power. Zum Beispiel für seinen eigenen Verein zu kämpfen.
Kira
Kira (Name ist der Redaktion bekannt, hier aber geändert) ist auf dem Sprung, wir erwischen sie nur kurz. Die 18-Jährige findet gut, dass sie wählen darf. Es sei ja nicht selbstverständlich, dass Frauen wählen dürfen, es wurde ja lange dafür gekämpft. "Frauen und Männer sind gleichberechtigt, das kapieren viele Männer nicht", sagt sie. Sie sieht sich als Feministin. "Frauen verdienen im Vergleich zu Männern weniger." Auch sexueller Missbrauch spiele für sie eine Rolle. Sie findet, dass das härter bestraft werden sollte. Das sei auch in Social Media, in ihrer Schule und ihrem Arbeitsumfeld ein Thema. Sie macht eine Ausbildung im sozialen Bereich. Ihre Arbeitsstelle möchte sie nicht nennen. Viele Jugendliche seien nicht gut informiert und setzten sich wenig mit Politik auseinander, hat sie beobachtet. Sie lerne viel in der Schule. Sie sei mal Klassensprecherin gewesen und habe eine Weiterbildung zur Streitschlichterin in der Realschule gemacht, erzählt sie.
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