Wieder Jahrhunderthochwasser, diesmal in Bayern und Baden-Württemberg, wieder Evakuierungen, wieder geschockte Anwohner:innen, gesperrte Autobahnen, überflutete Gleise. Und wieder schale Betroffenheitslyrik, allen voran von Bayerns CSU-Ministerpräsident Markus Söder ("Wir hoffen, dass wir die nächsten Tage überstehen") oder Manuel Hagel, Vorsitzender der CDU-Baden-Württemberg ("Ihr macht einen gigantischen Job, passt auf Euch auf"). Und einmal mehr die Botschaft einschlägiger Wissenschaftler:innen, dass die Ursache für den Extremregen der vergangenen Tage im menschengemachten Klimawandel zu suchen ist.
Aber anders als vor Ausbruch der Corona-Pandemie und vor Beginn des russischen Überfalls auf die Ukraine kommen Nachrichten über Wetterextreme selbst im interessierten Teil der Öffentlichkeit nur noch weichgespült an. Zu verlockend sind die Wohlfühlversprechen von Union und FDP und vieler ihrer politischen Freund:innen EU-weit, die den Leuten weismachen wollen, dem Klimawandel sei auch ohne deutlich spürbare Eingriffe in Haushaltskassen und Lebensstile beizukommen.
Vor allem in der Bundesrepublik hat Grünen-Bashing seit Monaten Hochkonjunktur, und ökologische Themen werden auf diese Weise empfindlich mitgetroffen. "Grüne Besserwisser und Klugscheißer gehen den Menschen auf die Nerven", posaunt CSU-Generalsekretär Martin Huber ins Publikum – keineswegs ohne Resonanz. Im Bedeutungsranking vor dem Urnengang am 9. Juni wird Klimaschutz nur noch von 14 Prozent der Wahlberechtigten als besonders wichtig eingestuft, neun Punkte weniger als vor fünf Jahren. Vielleicht öffnet der massive Dauerregen dem einen oder der anderen ja noch die Augen, insgesamt aber werden mittlerweile Friedenssicherung, Wirtschaftskrise und Zuwanderung bei Umfragen in dieser Reihenfolge als die wichtigeren Themen genannt.
Vor fünf Jahren war die EVP noch für Klimaschutz
Das war deutlich anders, als Ursula von der Leyen (CDU) 2019 knapp, aber doch mit 383 bei 374 notwendigen Stimmen zur ersten Frau an die Spitze der EU-Kommission gewählt wurde, von konservativen und liberalen Abgeordneten und einigen europäischen Sozialdemokrat:innen. Nur elf Tage später präsentierte sie ihren von langer Hand vorbereiteten "European Green Deal" als "Europas Mondlandung". "Nein, kleiner macht sie es nicht", schrieb damals der "Spiegel". In der Folge initiierte die frühere Bundesministerin (erst Familie, danach Arbeit und schließlich Verteidigung) die Vorhaben konsequent im parteipolitisch gemischten Doppel, mit dem durchsetzungsstarken niederländischen Sozialdemokraten Frans Timmermans ("Das wird kein à-la-carte Menü") immer an ihrer Seite. Knapp 50 Gesetze hätten die beiden gemeinsam "durchgepeitscht", rüffelte die FAZ, eine "wilde Mischung aus Ordnungspolitik und kleinteiligem Ordnungsrecht aus Verboten und Detailvorgaben".
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Enno
am 10.06.2024