Dass die Herren von Hohenlohe im Jahr 1232 genau hier in Frauental den Bauplatz für ein Zisterzienserinnenkloster gestiftet haben, hatte seinen guten Grund: Den Nonnen war es äußerst wichtig, ihrem frommen Wirken in absoluter ländlicher Abgeschiedenheit nachgehen zu können. Bis heute hat sich an der einsamen Idylle nicht viel geändert. Das Kloster ist zwar längst aufgelöst, die imposante Klosterkirche steht unter Denkmalschutz, und die wenigen Häuser von Frauental ducken sich tief an die steilen Hänge im Tal der Steinach. Für eine Fahrt in den Hauptort Creglingen muss man auf den holprigen Sträßchen gut und gerne 20 Minuten einkalkulieren, im Sommer. Im Winter eher mehr. Mit anderen Worten: es ist kein großstädtisches Gespött, wenn man sagt, dass sich hier Fuchs und Hase gute Nacht sagen.
Generationenlang galt das als gewaltiger Standortnachteil, Arbeitsplätze gab es mit Ausnahme der Landwirtschaft so gut wie keine, viele sind deshalb fortgezogen. Doch vor ein paar Jahren hat sich der Wind gedreht und den vergessenen Landstrich am Rand des "lieblichen Taubertals" (so die Selbstbezeichnung des regionalen Tourismusverbands) zu einem beliebten Feriengebiet mit dem Fokus auf sanften Tourismus gewandelt. Wer schon einmal zwischen Frühjahr und Herbst versucht hat, hier auf die Schnelle noch eine Übernachtung zu buchen, wird aus leidvoller Erfahrung zustimmen.
Doch das Trauma von der rückständigen Region mit Einwohner:innen ohne Chance, die mit einer großen Industrieansiedlung dringend nach vorne gepusht werden muss, scheint bei manchem Kommunalpolitiker nach wie vor tief in dessen DNA verankert. Anders ist der Aktivismus, den der Creglinger Bürgermeister Uwe Hehn (parteilos) momentan an den Tag legt, nur schwer zu erklären. Mit Hilfe des Frankfurter Projektentwicklers "Lang & Cie.Industrial" will er unmittelbar über Frauental auf 22 Hektar "eine der größten zusammenhängenden Industriehallenflächen Süddeutschlands" errichten lassen. 13 Meter hoch, 400 Meter lang und 200 Meter breit.
Arbeitsplätze, Arbeitsplätze, Arbeitsplätze
"Ein gigantisches 80.000-Quadratmeter-Monstrum, mitten in der Landschaft, ohne jede Anbindung an eine schon bestehende Infrastruktur", kritisiert Christine Primbs von der Bürgerinitiative "Für unsere Region". Und Manuela Ott von der neu gegründeten BUND-Ortsgruppe Creglingen ergänzt: "Es ist ein Unding, so etwas in eine hochsensible historische Kulturlandschaft reinzuklotzen, in unmittelbarer Nähe zu zahlreichen FFH-Schutzgebieten, Wald- und Offenlandbiotopen." Dass sich hier auch das letzte baden-württembergische Vorkommen der Wiesenweihe befindet, einer stark gefährdeten Greifvogelart, kümmert den Rathaus-Chef nicht sonderlich. Denn schließlich geht es hier ja um Arbeitsplätze, Arbeitsplätze, Arbeitsplätze.
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Markus Geiger
am 01.08.2023