Die Sonne hat sich durch morgendlichen Nebel gekämpft, und so langsam wird es – jedenfalls für Winter – warm. Für diejenigen, die in der Drogenberatung in Tübingen arbeiten, ist das besonders wichtig. Das Gebäude, in dem sie sitzen, ist aus den 1930er Jahren, einst war es das Verwaltungsgebäude des Waschmaschinenherstellers Zanker, der 1981 Konkurs machte. Hans Köpfle, Leiter der Einrichtung, ist seit Abschluss seines Psychologiestudiums in der sozialen Welt tätig, die letzten 20 Jahre im ambulanten Bereich. Dass im Sozialen gespart wird, ist für ihn zwar nichts Neues, doch nun werde es wirklich eng, sagt er. Die ansstehenden hohen Energiekosten sind dabei nur ein kleiner Teil. Viel sparen können er und seine drei Kolleg:innen nicht. "Licht aus, Heizung runter – das Übliche eben." Aber in einem ungedämmten Haus mit alten Fenstern ist es schwer, die Außenwelt nicht mitzubeheizen.
Eigentlich drückt den 62-Jährigen ein anderer Posten: Die Personalkosten. Aktuell werden dafür im Landeshaushalt 17.900 Euro pro Beschäftigten pro Jahr eingestellt. "2006, als ich angefangen habe, bekamen wir 16.900 Euro", sagt Köpfle. Finanziert wird die Drogenberatung von Land und Kommunen. "Die Verabredung ist: ein Drittel Land, zwei Drittel der Landkreis." Das Land setzt also den Maßstab für die kommunale Ebene. Zunächst hatte das Sozialministerium für den Doppelhaushalt 2023/24, der derzeit im Landtag diskutiert wird, 25.000 Euro pro Stelle eingeplant. Das wäre endlich eine deutliche Steigerung gewesen. "Aber dann wurde debattiert, dass Baden-Württemberg über den Sommer keine Lehrer mehr entlassen soll – und da hat unser grüner Finanzminister Danyal Bayaz diese Erhöhung bei uns gestrichen." Der Ansatz liege nun wieder bei den alten 17.900 Euro.
Drogenberatung rechnet sich
Rund 100 Drogenberatungsstellen gibt es in Baden-Württemberg, jährlich wird laut Caritas dort über 50.000 Menschen geholfen. Tendenz steigend, wie Köpfle in den vergangenen Jahren beobachten konnte: "2003 hatten wir übers Jahr etwa 230 Klienten und 2,5 Vollzeitstellen. Heute haben wir rund 1.000 Klienten und 3,25 Vollzeitstellen." Das ist keine üppige Ausstattung. Obwohl Drogenberatung sich lohnt. Köpfle zieht eine DIN-A4-Mappe hervor, darin eine umfangreiche Untersuchung im Auftrag des Freistaats Bayern: Wie rechnet sich Drogenberatung? Ergebnis: Ein Euro in der Drogenberatung spart später 17 Euro öffentliches Geld ein – weil beispielsweise Arbeitsplatzverlust, Langzeiterkrankungen, Kriminalität und Strafvollzug oder stationäre Suchtbehandlung vermieden werden. "Eigentlich sind wir also extrem effektiv. Das verstehen nur viele nicht", sagt Köpfle. Und meint die grün-schwarze Landesregierung.
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