Die Liberalen sind emsig. Fast 300 Kleine Anträge und parlamentarische Anfragen hat die baden-württembergische Landtagsfraktion in den ersten fünf Monaten der neuen Legislaturperiode gestellt. Ein erklecklicher Teil davon befasst sich direkt oder indirekt mit Details im Kampf gegen die Erderwärmung. Immer mittransportiert wird die Erwartung, dass Nachhaltigkeit durch moderne Technik und phantasievollen Wagemut zu erreichen ist und das prinzipielle Bekenntnis zum Pariser 1,5-Grad-Ziel keine schmerzhaften Folgen für den Alltag haben muss. Und dass alles am besten dann klappt, "wenn den Bürgerinnen und Bürgern und den Unternehmerinnen und Unternehmern im Land etwas zugetraut wird, wenn wir sie dabei unterstützen, Innovation voranzubringen, die wir dann idealerweise auch für die ganze Welt gewinnbringend in die Welt exportieren", so der neue umweltpolitische Sprecher der FDP-Fraktion Daniel Karrais.
Seit eh und je ist die FDP fixiert auf die Propagandaformel, dass der Staat als volkswirtschaftlicher Akteur keinesfalls klüger ist als ein tüchtiges privates Unternehmertum. Mit anderen Worten: Das Prinzip der freien Marktwirtschaft soll sich auch in der Klimakrise behaupten gegen den finsteren Zugriff durch die öffentliche Hand, die mit Instrumenten wie Verboten, Steuererhöhungen oder Bevormundung eine bessere Zukunft heraufzuführen meint. Selten war ein Wechsel weniger gedeckt, denn die erhoffte Selbstbehauptung hatte viele Jahrzehnte Zeit, sich den drohenden selbstgemachten Krisen vorbeugend entgegenzustemmen. Diese Chancen wurden global verpasst. Selbst Winfried Kretschmann verweist darauf, "dass die unsichtbare Hand des Marktes das Klima für uns nicht retten wird".
Die Liberalen glauben immer noch an den Markt
Also zählen die Grünen auf viel mehr als einen nur vage umrissenen Innovationsgeist. Die erste Novelle des baden-württembergischen Klimaschutzgesetzes – mit Solarpflicht auf allen Neubauten und bei grundlegenden Dachsanierungen, mit Photovoltaik-Vorschriften und ambitioniertem Windkraft-Ziel – ist denn auch Ausdruck der Erwartung, dass die Bereitschaft wächst, Ge- und Verbote zu akzeptieren, die zwangläufig immer strenger werden müssen. Denn noch ist viel zu wenig erreicht auf dem Weg zur inzwischen für 2040 versprochenen Klimaneutralität. "Ich verstehe den Gesetzentwurf so, dass Baden-Württemberg vorne mitspielen will – die 18 Jahre werden aber sehr schnell vorbei sein", sagt Rainer Baake bei der Anhörung, die zeigte, wie meilenweit Grün und Gelb hier inhaltlich voneinander entfernt sind.
Baake, früher Grünen-Staatssekretär im Bundesumweltministerium und geistiger Vater des Atomausstiegsgesetzes von 2002, ist inzwischen Direktor der Denkfabrik Klimaneutralität. Im Stuttgarter Landtag fächerte Baake diverse Probleme auf, darunter den Konflikt zwischen Klimaneutralität und der Verwendung fossiler Energieträger. Ein Land könne aber gar nicht beschließen, "dass an Tankstellen kein Benzin oder Diesel mehr verkauft werden darf". Kaum vorstellbar, wie die FDP einen derartigen Weg, der ohne Zweifel in der neuen Legislaturperiode des Bundestags vorbereitet werden müsste, mitgehen könnte.
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