Wenn frau Position bezieht, fliegen die Klischees tief?
Ich stelle immer wieder fest, dass Frauen, die einen Führungsanspruch haben, ermuntert werden, ihn umzusetzen, und wenn sie's dann tun, als kalt, egoistisch und ruppig bezeichnet werden. Männer dagegen sind dann durchsetzungsstark und zeigen Kante. Das hat mich am Anfang getroffen, inzwischen trage ich es mit Fassung. Kalt lässt es mich aber immer noch nicht, dazu bin ich nicht abgebrüht genug.
Es soll Chefredakteure geben, die fragen, warum Sie sich den Tort der Kandidatur überhaupt antun? Klappt doch eh nicht.
Ich sollte vielleicht daran erinnern, dass nicht Verlagshäuser über Wahlen entscheiden, sondern die Bürgerinnen und Bürger. In einer Mediengesellschaft, die sich immer weiter ausdifferenziert, sind andere Fragen zu stellen: Welchen Einfluss haben die klassischen Medien überhaupt noch? Wie begründet man kritischen Journalismus, den ich in einer Demokratie für existenziell wichtig halte, noch inhaltlich? Müsste Journalismus nicht unvoreingenommener und recherchestärker sein? Warum verliert man Leserinnen und Leser?
Den Ball könnten wir auch an die Politik zurückspielen.
Das stimmt schon. Wir bewegen uns gemeinsam in einer Blase, wir sind zu sehr mit uns selbst beschäftigt. Wir betreiben ein waberndes Geschäft, in dem Themen diskutiert werden, die 50 Prozent der Bevölkerung gar nicht wahrnehmen. Ich versuche aus dieser Blase heraus zu kommen, indem ich viel mit den Leuten rede. Meine digitale Veranstaltung "Eisenmann will's wissen", an der schon Tausende teilgenommen haben, macht mir sehr viel Freude.
Uns haben Ihre Wahlplakate entzückt: "CDU wählen, weil wir Verbrecher von heute mit Ausrüstung von morgen jagen". Das triggert granatenmäßig.
Bei der Bevölkerung sind sie sehr gut angekommen. Alles richtig gemacht. Keine Rechtschreibfehler, richtiger Inhalt, breite Debatten darüber, auch in den Medien. Alles in unserem Sinn.
An den Rodelhängen in Möhringen sind Kinder gesehen worden, die auf Ihrem Konterfei den Buckel runter gerutscht sind.
Das ist doch schön. Sehr praktisch genutzt. Wunderbar. Kinder brauchen Bewegung, Freude und frische Luft. Und wenn ich dazu beitragen kann, macht mich das glücklich. Wir haben noch mehr Plakate für den nächsten Schnee.
Wir vermissen eines mit Günther Oettinger drauf. Er müsste doch sagen: Wählt Eisenmann, meine frühere Büroleiterin.
Oder: Echt, ehrlich, Eisenmann. Günther Oettinger sagt das auch, aber nicht auf Plakaten, nicht in Interviews, sondern in bisher 15 Wahlkampfveranstaltungen, in vielen Gesprächen mit den Leuten. Er ist nach wie vor sehr beliebt in Baden-Württemberg, und ich habe viel von ihm gelernt. Seine Zugewandtheit, die Toleranz, die hohe Präsenz, aber auch das Spielerische, das Gambling. Das hat mir immer sehr viel Freude gemacht.
Sagen wir's mal so: Eine gewisse Unkonventionalität ist Ihnen beiden eigen. Und damit ist auch das leicht liberale Oettinger-Lager gemeint, das vielen Teufel-Freunden suspekt ist. Und die gibt es immer noch.
Das mag bei den Älteren noch präsent sein, prägt die Partei aber Gott sei Dank nicht mehr. Die Jungen fragen eher: Huch, war das mal so mit den beiden Lagern? Ich wäre 2019 wohl kaum mit überwältigender Mehrheit zur Spitzenkandidatin gewählt worden, wenn es diese Spaltung noch gäbe. Trotzdem werden Sie immer jemanden finden, der dieses oder jenes ganz schrecklich findet.
Zuletzt war das Hans Georg Koch, der ehemalige Sprecher von Erwin Teufel. Er ist nach 40 Jahren aus der CDU ausgetreten, weil er Ihre Corona-Politik nicht mehr mittragen wollte.
Herr Koch ist in der Tat nie durch eine besondere Affinität zu Herrn Oettinger und mir aufgefallen – auch nicht, nachdem er von Teufel geschasst wurde. Ich nehme an, er wollte nochmals einen großen Aufschlag für sich, was ihm auch gelungen ist. Die Berichterstattung über seinen Austritt war jedenfalls beachtlich, gemessen daran, dass ihn in der Bevölkerung niemand kennt. Die Journalisten haben das Thema dankbar aufgegriffen.
Dann müssten jetzt nur noch die Wählerinnen und Wähler mitspielen. Tun sie aber nicht. Selbst die schwarze "Schwäbische Zeitung" hält einen CDU-Sieg nach den letzten Umfragen für "sehr unwahrscheinlich".
7 Kommentare verfügbar
Bernhardt Faaß
am 28.02.2021Ich habe 2 Mails an Frau Eisenmann zu den Themen Digitalisierung in den Schulen und zum Lockdown geschrieben. Zum Thema Digitalisierung habe ich erwähnt, dass Neurologen für die Entwicklung des Gehirns der Kinder unter 12 Jahren, die…