Sie haben sich bemüht, könnte im Zwischenzeugnis stehen, jedenfalls mit Blick auf die unterstellte eigene Klientel. Interne Streitigkeiten sind nicht beigelegt, aber sie bleiben öfter – um das vom CDU-Landesvorsitzenden Thomas Strobl so gerne bemühte Bild zu benutzen – in der Familie, weil die Fenster rechtzeitig geschlossen werden. Mit Susanne Eisenmann gibt es zum ersten Mal eine Spitzenkandidatin bei einer Landtagswahl, selbst die versprochene schwarze Handschrift wurde sichtbar in der Regierungsarbeit, etwa beim Thema Innere Sicherheit oder in der herzlosen Flüchtlings- und Ausländerpolitik.
Und doch hat alles nichts genutzt: kein Aufschwung, kein Umfrageplus, vor allem kein Plan, wie die Grünen zu schlagen sind, was vor allem an falschen Analysen liegt. Denn längst und nicht nur in den Großstädten weiß selbst die eigene Klientel zu wenig anzufangen mit der CDU-Politik. Reihenweise haben die Baden-Württemberg-Trends von Infratest dimap in den vergangenen Jahren eine hohe Zufriedenheit gerade in der Anhängerschaft der Schwarzen mit grüner Politik ermittelt. Gesellschaftliche Veränderungen von der Homo-Ehe bis zum längeren gemeinsamen Lernen unter der Überschrift "Linksruck" zu diskreditieren, ist durch die Umfragezahlen als Irrweg entlarvt, erst recht, wenn dann auch noch ganz und gar unzeitgemäße Schlüsse gezogen werden.
Besonders gern vom Parteinachwuchs. Die Junge Union ist schon bundesweit reichlich rückwärtsgewandt, im Südwesten ist diese Tendenz besonders ausgeprägt. Viele der Mitglieder und Sympathisanten sehen sich wieder als Teil eines Clubs aufstrebender Männer. Und unter Jung und Alt genießt Friedrich Merz viel Zuneigung. Eben erst hat sich die Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung (MIT) der Landes-CDU unverhohlen einen "leichten Rechtsruck" gewünscht. Man sei sich einig in der Überzeugung, dass Merz für die Aufgabe des Parteichefs "wie geschaffen ist". Die Entscheidung über die künftige Nummer eins der Bundespartei und damit womöglich auch über den nächsten Bundeskanzler ist Corona-bedingt aufgeschoben, die Haltung der Mehrheit im Landesverband bleibt. Sogar Eisenmann und Hagel, ehedem bekennende Jens-Spahn-Unterstützer, sind übergelaufen und erklären öffentlich, diesmal den christdemokratischen Besserverdiener aus dem westfälischen Sauerland zu wählen.
Anfang 2018 waren Grün und Schwarz gleichauf
Apropos Hagel: Der Ehinger Landtagsabgeordnete, mit dem Faible für den österreichischen Hardliner Sebastian Kurz, wollte das Potential der CDU gehoben wissen. Das war vor zwei Jahren. Damals schien die Zukunft endlich wieder rosiger für die Schwarzen zwischen Main und Bodensee. Im Baden-Württemberg-Trend lag die jahrzehntelang erfolgsverwöhnte Union gleichauf mit dem ungeliebten Koalitionspartner bei jeweils 29 Prozent. Durchaus zufriedenstellend, so der Generalsekretär damals, "wenn man bedenkt, dass die Zahlen inmitten der unnötigen Selbstbeschäftigung der letzten Woche erhoben wurden". Er hätte auch sagen können: mitten im Familienknatsch, siehe oben, bei weit offenen Fenstern.
Im Januar 2018, als das in der CDU beklatschte grün-schwarze 29:29-Patt verkündet wurde, bestimmte noch eine ganz andere Frage die Agenda: Die kleinere Regierungsfraktion stellte sich offen gegen den Koalitionsvertrag in puncto Wahlrechtsreform zugunsten eines höheren Frauenanteils im Landtag. Fraktionschef Wolfgang Reinhart und die vielen männlichen Mandatsträger fielen sogar dem Parteichef und seinem Generalsekretär in den Rücken. "Diese Ablehnung wird uns noch teuer zu stehen kommen", orakelte Inge Gräßle, damals Landesvorsitzende der Frauen-Union, "nicht nur in der Sache, sondern weil Vertragstreue ein hohes Gut ist."
3 Kommentare verfügbar
Jue.So Jürgen Sojka
am 06.04.2020Welch vorzügliche Wortwahl Ihnen immer wieder gelingt, dass, was nicht alleine zwischen den Zeilen sondern auch hinter dem Text stehend, von Ihnen in den Mittelpunkt gerückt ist. Klar…