"Seit dem 24. März 1999 wird zum ersten Mal in der Geschichte der NATO ein Krieg gegen einen souveränen Staat geführt, ohne dass dieser einen NATO-Verbündeten oder ein anderes Land angegriffen hat. Dies bedeutet eine Zäsur, deren Folgen noch gar nicht richtig abzusehen sind. Die NATO hat sich von ihrer Bindung an ein UN-Mandat verabschiedet."
Das schreiben Klaus Bittermann und Thomas Deichmann im Vorwort ihres im Juni 1999 erschienenen Sammelbändchens "Wie Dr. Joseph Fischer lernte, die Bombe zu lieben" – der Titel eine Referenz an einen Film von Stanley Kubrick, der mit einem Atomkrieg und der Zerstörung der Welt endet. So endete der Kosovokrieg bekanntlich nicht, einen Bruch bedeutete er dennoch: Zum ersten Mal seit 1945 beteiligten sich deutsche Soldaten an einem Kampfeinsatz. Erst fünf Jahre zuvor hatte das Bundesverfassungsgericht in einem Urteil die verfassungsrechtliche Zulässigkeit von Auslandseinätzen mit NATO- oder UN-Mandat festgestellt.
Es war ausgerechnet eine rot-grüne Bundesregierung, unter Kanzler Gerhard Schröder und Außenminister Joschka Fischer, die den Einsatz nach einer knappen Entscheidung im Bundestag (334 zu 326 Stimmen) umsetze. Wenige Jahre zuvor hatten die Grünen noch eine Auflösung der NATO gefordert.
Zu den 20 Autoren, die 1999 im von Bittermann und Deichmann herausgegebenen Buch unterschiedliche Aspekte dieser neuen Situation untersuchten, gehörte auch der Journalist Arno Luik. Seinen Beitrag hatte er extra für den Band geschrieben. Aus ihm spricht die Fassungslosigkeit über eine Entwicklung, die viele Deutsche damals nicht für möglich gehalten hatten. Deshalb veröffentlichen wir ihn unverändert als Zeitdokument – mit einem aktuellen Kommentar des Autors.
3 Kommentare verfügbar
Peter Kindl
am 02.04.2019Im nachhinein bin ich Fischer dankbar, denn 1999 zerstörte er (meine) Illusionen. Und es hat sich ja gezeigt in den folgenden 20 Jahren, dass es kein Zurück gibt hinter den initialen Verrat, so wie es ja…