Die Stimmenzahl ist längst errechnet: Theoretisch müssten 87 823 Stimmen gedreht werden bei 7,6 Millionen Wahlberechtigten im Land zwischen den beiden Regierungsparteien, damit die CDU in die Villa am Reitzenstein zurückkehren kann. Der Hoffnungsträger hatte in der Hamburger Messe, die im Netz in "Merzweghalle" umgetauft ist, die Tonlage schon vorgegeben mit seinem Grünen-Bashing. Das gefällt gedemütigten Schwarzen aus Baden und aus Württemberg. Bereits auf der Regionalkonferenz in Böblingen gab es Riesenapplaus für den Appell, Winfried Kretschmann nicht alles durchgehen zu lassen, wenn er "von Horden junger Männer spricht und in Nordrhein-Westfalen erleben wir die Horden von Grünen, die bei den Demonstrationen im Hambacher Forst dabei sind".
Nicht weniger als 14 Wahlen stehen an im nächsten Jahr in der Republik, darunter drei Landtagswahlen. Da wäre es, so die Idee vom CDU-Reißbrett, auf eine vierte nicht angekommen. In der unterstellten Hausse bei Mittelstand und Handwerk, in Familienunternehmen und an der Nahtstelle zur AfD hätte der Coup gelingen können. Schon seit einiger Zeit wird in kleinen Zirkeln schlecht über den grünen Ministerpräsidenten, über dessen Konstitution, die Gesundheit und sein Alter gesprochen. Vor vier Wochen assistierte "BILD" mit Werbeständer an jedem Zeitungsladen: "Krank! Kretschmann sagt alle Termine ab."
Am Dienstag besuchte der Regierungschef die Landtagsfraktion des Koalitionspartners. Ärger über Dieselfahrverbote und den Lieblingsgegner der Schwarzen, Verkehrsminister Winfried Hermann, hatte sich aufgestaut. Kretschmann kam der CDU entgegen und will "Maßnahmen beschleunigen", der Applaus blieb mäßig. Er sei eben "wie immer" aufgetreten, hieß es danach. Und manche trauerten erst recht der verpassten Gelegenheit nach: Mit <link https: www.kontextwochenzeitung.de wirtschaft too-big-to-jail-5455.html _blank internal-link>Merz an der Parteispitze "wäre eine Chance da gewesen, gegen ihn zu gewinnen".
Frauen-Union unter Beschuss der Merz-Unterstützer
Wäre, wäre, Gartenschere. Und die Männer wären nicht sozialisiert als Jäger, seit 200 000 oder mehr Jahren, würden sie jetzt nicht Schlingen legen, um herauszufinden, wer genau schuld ist an der schmählichen Niederlange. In der Landtagsfraktion wird natürlich der ungeliebte Landesvorsitzende genannt, weil Thomas Strobl sich nicht offensiv an Merz' Seite gestellt habe. Ferner ebenso natürlich "die" Medien mit ihrer "einseitigen Berichterstattung", ganz als hätte es die kaum verhohlene FAZ-Sehnsucht nach Merz ebenso wenig gegeben wie die BILD-Pro-Kampagne für den Sauerländer.
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Bernd Kruczek
am 12.12.2018