Fürs Essen verbleiben ihm zwischen sechs und zwölf Euro im Monat. Mit seiner Gesundheit ging es in den vergangenen anderthalb Jahren rapide bergab. Das liegt, berichtet der 25-jährige Biologie-Student, einerseits an der Mangelernährung – zu viele Nudeln, zu viele Kohlenhydrate. Und andererseits ist es dem enormen Arbeitspensum geschuldet, das er parallel zum Studium bewältigen muss, um sich seinen Lebensunterhalt leisten zu können. Mindestens 40 Stunden in der Woche verbringt er auf dem Bau oder als Maler oder bei allem, was sich so ergibt. "Wählerisch kann ich nicht sein", sagt er.
Der junge Südosteuropäer gehört in seinem Heimatland, das nicht zur EU gehört, einer Minderheit an, "ohne Vitamin B ist man dort perspektivlos". Zurückkehren will er auf keinen Fall und mag lieber anonym bleiben. "Man kann ja nicht wissen, wer das alles liest." Vor sieben Jahren ist er nach Freiburg gekommen und studiert heute im dritten Semester. Seitdem Baden-Württemberg Studiengebühren von Menschen erhebt, die von außerhalb der EU nach Deutschland kommen, leidet er unter "einschneidenden Konsequenzen". Pro Semester werden 1500 Euro Gebühren fällig. Eine Ratenzahlung ist nicht möglich, und wenn die Zahlungsfrist überschritten wird, bedeutet das: Exmatrikulation von Amts wegen. Seine Eltern können ihn nicht finanziell unterstützen, er bekommt keine staatliche Hilfe. Sorin U. (Name geändert) ist auf sich allein gestellt.
"Die erste gebührenpflichtige Kohorte internationaler Studierenden", schreibt das baden-württembergische Wissenschaftsministerium in einer Drucksache des Landtags, "wird bei einer durchschnittlichen Studienzeit von fünf Semestern zu Einnahmen von rund 21,3 Millionen Euro führen." Sie halte es für gerecht, begründete die grüne Wissenschaftsministerin Theresia Bauer die Einführung der Gebühren, wenn ausländische Studierende "zumindest einen moderaten Beitrag" leisten und sich an den Kosten beteiligen. Als die Bewerberzahlen aus dem Nicht-EU-Ausland daraufhin um circa 20 Prozent schrumpften, sprach Bauer, die offenbar ein neues Lieblingswort entdeckt hat, von einem "moderaten Rückgang".
Allerdings landet nur ein moderater Anteil der Gebühren, nämlich ein Fünftel, unmittelbar bei den Hochschulen. Die restlichen 1200 Euro pro Person wandern in den Landeshaushalt, den, so die Argumentation der grün-schwarzen Regierung, die Schuldenbremse unter Zugzwang setzt. Betroffen sind insbesondere Wissenschaft, Kultur und Bildung.
"Ich will nicht aufgeben." Ausnahmeantrag abgeschmettert
Die exklusiven Ausländergebühren gibt es <link https: www.studis-online.de studinfo gebuehren external-link-new-window>bislang nur in Baden-Württemberg. Wie viele internationale Studierende aufgrund der Einführung ihr Studium abbrechen mussten, kann das Wissenschaftsministerium auf Rückfrage der Redaktion nicht mitteilen. Diese würden erst im Frühjahr 2019 vom Statistischen Landesamt erhoben. Eine Sprecherin des Ministeriums betont allerdings, dass die Landesregierung einen Monitoring-Beirat eingerichtet habe, der sich des Themas annehmen will, und dass sich „bereits heute konstatieren“ lasse, dass „die Einführung unseren bisherigen Erwartungen hinsichtlich der Einnahmen und der Entwicklung der Studierendenzahlen weitgehend entspricht“. Insbesondere für einkommensarme Studierende aus finanzschwachen Herkunftsländern hatte das Wissenschaftsministerium sozialverträgliche Ausnahmeregelungen angekündigt."Wo die sein sollen", sagt Sorin, "sehe ich nicht." Er hat einen Antrag gestellt, sich von den Gebühren befreien zu lassen. "Das wurde gnadenlos abgeschmettert." Eine am vergangenen Freitag angefagte Zusammenstellung, wie viele Stipendien aktuell von internationalen Studierende in Anspruch genommen werden, konnte das Ministerium "auf die Schnelle leider nicht liefern".
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Ernst-Friedrich Harmsen
am 14.11.2018