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Das Misstrauen der Politiker

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Der Rücktritt des langjährigen Konstanzer Landrats Frank Hämmerle gerät zum Politikum. Zwei Monate vor der Wahl eines neuen Kreistags soll ein Nachfolger gewählt werden – vom alten Gremium. Das ist auch ein Misstrauensvotum gegen die WählerInnen.

Politik zu machen, ist in den vergangenen Jahren nicht eben leichter geworden. Volksparteien schrumpfen, der Wähler wird immer unberechenbarer, alte Gewissheiten lösen sich mehr und mehr auf. Diese atmosphärische Großwetterlage setzt Politikern zu. Nicht nur in Bund und Land, sondern längst auch auf kommunaler Ebene. Das zeigt ein Beispiel aus dem Landkreis Konstanz. Zwei Jahre vor dem Ablauf seiner eigentlichen Amtszeit ist der langjährige Landrat Frank Hämmerle (CDU) zurückgetreten. In einer Erklärung vor dem Kreistag sagte Hämmerle am 22.Oktober: "Ich bin nicht krank, nicht vergrämt und nicht amtsmüde." Es sei nun einfach genug nach dann 22 Jahren im Amt: "Und meine Frau, meine Familie, die Enkel und der Bauernhof warten auf mich." Seine Geschäfte will er zum 30. April 2019 niederlegen, rund anderthalb Jahre vor seiner Pensionierung am 31. August 2020. Ein neuer Landrat oder eine neue Landrätin soll nach dem vorliegenden Ablaufplan am 25. März 2019 gewählt werden, fast zwei Monate vor der Wahl eines neuen Kreistages am 26. Mai.

Das ist der Punkt, an dem aus einem gewöhnlichen Rücktritt ein Politikum wird. Denn natürlich ist das auch ein wahltaktisches Manöver: Im derzeitigen Kreistag gibt es noch eine klare bürgerliche Mehrheit: 68 Sitze sind es insgesamt, CDU, Freie Wähler und FDP besetzen gemeinsam 42 davon. Nach der Kreistagswahl im nächsten Jahr könnten die Mehrheitsverhältnisse andere sein. Soll mit dem vorzeitigen Rücktritt des Landrats also schlicht die bürgerliche Mehrheit bei der Wahl des Nachfolgers, der Nachfolgerin gesichert werden? Kritik dazu kommt von der SPD: "Die weitreichendste Personalentscheidung eines Kreistags wird von Kreisräten getroffen, die teilweise nur wenige Wochen nach Frank Hämmerle aus dem Amt scheiden werden. Der kommunalen Demokratie leistet der Landrat damit nicht den besten Dienst und das ist schade", sagt etwa Kreisrat Tobias Volz. Trotzdem wird es nun so kommen: Der Kreistag hat den Ablaufplan am vergangenen Montagabend mit großer Mehrheit so beschlossen.

Starke Konkurrenz um Nachfolge

Leute, die Frank Hämmerle besser kennen, sagen, dass es dem CDU-Mann um mehr ging als um die Absicherung des Landratspostens für seine Partei. Sie sehen darin auch einen Akt staatspolitischer Räson: Wichtige und langjährige Kreispolitiker treten bei der anstehenden Wahl am 26. Mai nicht mehr an. Hämmerle habe seinen Nachfolger, seine Nachfolgerin aber von einem erfahrenen Gremium wählen lassen wollen - auch zum Wohle des Landkreises, heißt es da. Ein gewagtes Manöver, weil es, so gut gemeint es vielleicht ist, doch den Geruch eines Misstrauensvotums gegenüber den Wählern in sich trägt nach dem Motto: "Wir Politiker entscheiden lieber vorher, weil wir nicht wissen, was ihr Wähler uns am Wahltag beschert." So könnte es zumindest von BürgerInnen wahrgenommen werden. Für Parteien wie die AfD ist so etwas ein gefundenes Fressen. SPD-Kreisrat Tobias Volz zieht aus der Geschichte vor allem eine Lehre: "Für uns Sozialdemokraten gewinnt daher die Forderung, Landräte wie die Oberbürgermeister direkt durch den Bürger wählen zu lassen, an neuer Aktualität."

So schnell wird das allerdings nicht kommen. Die Suche nach einem neuen Landrat beginnt nun mit einer Ausschreibung. Zusätzliche werden die Fraktionen auch für sich den Markt nach geeigneten Kandidatinnen und Kandidaten sondieren. Einer der zuletzt am meist genannten Namen, hat sich am Montag selbst aus dem Rennen genommen: "Ich kandidiere nicht für die Nachfolge von Frank Hämmerle. Ich werde bis 2020 und ich will darüber hinaus OB in der Stadt Konstanz bleiben", sagte Uli Burchardt (CDU) in einer persönlichen Erklärung. Es gebe in Konstanz noch viel für ihn zu tun, er habe "ein Bündel von Ideen, mit dem ich mich 2020 wieder zu Wahl stellen will", so Burchardt.

Ein anderer Name, der zuletzt auch fiel, ist der von Jörg Schmidt. Der SPD-Mann, frühere Oberbürgermeister von Radolfzell und ehemaliger Tübinger Regierungspräsident, gilt aus seiner eigenen Zeit im Konstanzer Kreistag noch als guter Vermittler zwischen den politischen Lagern. Nach Schmidts Abberufung aus dem Regierungspräsidium im Nachgang der Landtagswahl 2016 arbeitet er wieder als Anwalt und hat sich zum Mediator ausbilden lassen. Auf Nachfrage sagte er, eine Kandidatur sei möglich. "Wir werden Gespräche führen, aber ich habe mich noch nicht entschieden", so Schmidt. Interesse an dem Job werden auch Martin Staab (Freie Wähler, Oberbürgermeister Radolfzell) und Bernd Häusler (CDU, Oberbürgermeister Singen) nachgesagt. Offiziell erklärt hat sich aber bislang keiner von beiden.

Konstanzer Intendant Nix kann sich auch OB vorstellen

Diese mögliche starke Konkurrenz um den Landratsposten aus dem bürgerlichen Lager könnten auch ein Grund dafür sein, dass sich Uli Burchardt nun doch für das Konstanzer Rathaus entschied. Für die Stadt Konstanz bedeutet das: Die nächste OB-Wahl steht 2020 an. Hätte Uli Burchardt zum Landratsposten gegriffen, wären vorzeitige Wahlen 2019 notwendig geworden. So oder so - ein Selbstläufer wird die Wahl für den amtierenden Oberbürgermeister nicht. Das Beispiel Freiburg hat gezeigt, wie schnell der Amtsbonus aufgebraucht sein kann. Dort löste der parteilose, von der SPD unterstützte, Martin Horn, den langjährigen grünen Oberbürgermeister Dieter Salomon ab. Uli Burchardt weiß um die spezielle Situation eines OB-Wahlkampfes: "Mir ist klar, dass es einen spannenden Wahlkampf geben wird. Ich bin aber genauso überzeugt, dass ich eine gute Bilanz vorlegen kann", sagt Burchardt im Gespräch mit Kontext.

Gut möglich, dass der amtierende Konstanzer Rathauschef dann auf einen Konkurrenten aus der eigenen Verwaltung trifft. Christoph Nix, umtriebiger Intendant am Theater Konstanz, hatte für den Fall, dass Uli Burchardt ins Landratsamt wechselt, seine Bereitschaft zu einer Kandidatur um das Konstanzer Oberbürgermeisteramt erklärt. Ob er auch gegen Burchardt kandidieren würde, ließ Nix offen. Sollte es wirklich so kommen, stünde Konstanz wohl ein heißer Wahlkampf bevor: Das Verhältnis zwischen Nix und Burchardt gilt seit Jahren als schwierig.


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