Seit die Abgeordneten im Juli 2016 ihre Arbeit aufgenommen haben, untersuchen sie aufwändig, wer – außer Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt – beim Mord an der Polizistin Michèle Kiesewetter am 25. April 2007 aus welchen Gründen auf der Heilbronner Theresienwiese war, und wer Beobachtungen gemacht haben könnte. Immer wieder versuchte der zweite Ausschuss im Land, der sich mit den Verbindungen des "Nationalsozialistischen Untergrunds" (NSU) nach Baden-Württemberg befasst, Aussagen und Theorien zu erhärten respektive zu entkräften. Die Vorgabe des Ausschussvorsitzenden Wolfgang Drexler (SPD) ist dabei, "so viele offene Fragen wie möglich zu klären".
Deshalb werden die Akten zur angeblichen Anwesenheit von Geheimdiensten auf der Theresienwiese noch nicht endgültig geschlossen. Die Abgeordneten wollen Kontakt zu Walter Martinek aufnehmen, Anwalt von Martin Arnold, dem Kollegen von Kiesewetter, der den Anschlag schwerverletzt überlebte. In seinem Plädoyer im Münchener NSU-Prozess hatte er kürzlich erhebliche Bedenken am von der Bundesanwaltschaft unterstellten Motiv geäußert. Vor allem sei nicht geklärt, warum Mundlos und Böhnhardt "überhaupt in Heilbronn waren". Er sei sich "ziemlich sicher", nicht deshalb, um die beiden Polizisten zu ermorden. Zugleich zweifelt er aber nicht daran, dass Mundlos und Böhnhardt in Heilbronn schossen: Ihr Wohnmobil sei in der Nähe des Tatorts festgestellt, die Tat- und die geraubten Polizeiwaffen beim NSU gefunden worden. Auf einer von Mundlos getragenen Hose habe sich Blut seines Mandanten gefunden. Im Internet wird dennoch weiter spekuliert mit dem Tenor "Rätsel Polizistenmord".
Er erinnert sich nicht an sein Geschwätz von gestern
Martinek hält auch die Theorie der Waffenbeschaffung für nicht haltbar: "Die hatten Waffen ohne Ende, die fahren nicht hin und gehen so ein Risiko ein, um sich Waffen zu holen, die sie nachher nie wiedereingesetzt haben und nicht einsetzen konnten." Er mutmaßt außerdem, dass Geheimdienste Einfluss auf die Ermittlungsarbeiten genommen haben. Drexler will dazu Näheres wissen. Der Vorsitzende und die Obleute im ersten Ausschuss hatten sich schon einmal mit Anwalt Martinek getroffen, waren damals seinem Vorschlag gefolgt, Arnold selber der psychischen Belastung wegen nicht zu hören. Jetzt wird es zumindest zu einem neuerlichen informellen Gespräch mit dem Anwalt kommen.
Ein anderer Hinweisgeber dagegen wird sicher nicht mehr gehört: Begründet auf nicht weniger als acht Seiten hat der Ausschuss beschlossen, die Aussagen von Reinhard Rudolf Kiefer endgültig unter F wie fadenscheinig abzulegen. "Einer weiteren Befragung bedarf es nicht", schreiben die Abgeordneten, die haarklein ausführen, warum "nicht nur für den Untersuchungsgegenstand bedeutsame Aussageinhalte des Zeugen widerlegt" seien. Es falle ferner auf, dass sich "dieser an wesentliche Tatsachen, die Gegenstand früherer Angaben waren, nach eigenem Bekunden nicht mehr zu erinnern vermag".
5 Kommentare verfügbar
Carsten Buchholz
am 19.01.2018Es sollte nicht zuviel verlangt sein, irgendwo im Titel, Vorspann oder wenigstens in den ersten Zeilen…