Als im Frühjahr 2016 unter der Überschrift "Panama Papers" über elf Millionen Mails und Briefe, Faxe, Verträge und Kontoauszüge aus den vergangenen 40 Jahren ans Licht kamen, nahm Finanzminister Wolfgang Schäuble den Mund ziemlich voll. In Springers "Welt" präsentierte der promovierte Jurist einen "Zehn-Punkte-Plan", der "weltweit für volle Transparenz" sorgen sollte. Bis zur Sommerpause wollte er einen Gesetzentwurf zum Aufbau eines Geldwäscheregisters fertiggestellt sehen und kooperationsunwillige Staaten "an den Pranger stellen". Der hohe Anspruch war immer verdächtig, nicht wirklich auf Erfüllung angelegt zu sein. Und zudem vor den Türen anderer zu kehren: "Es darf sich nicht mehr lohnen, eine Heimat für Schwarzgeld zu bieten." Weltweit wollte Schäuble in "möglichst allen Staaten den neuen Standard für den automatischen Informationsaustausch in Steuerfragen umsetzen".
Gut ein Jahr später muss sich der dienstälteste Bundestagsabgeordnete vor dem Panama-Papers-Untersuchungsausschuss des EU-Parlaments verantworten. Und wieder mit denselben Formeln: "Wir können Geldwäsche, Steuervermeidung und Steuerhinterziehung nicht tolerieren." Was heißt schon "können"? Eher ginge es ums energische "Wollen"!
Fabio de Masi von der Linkspartei war in Brüssel stellvertretender Vorsitzender des Untersuchungsausschusses und trägt das Thema jetzt zurück nach Berlin. "Es ist Zeit für die Kavallerie", sagte der Neu-MdB dieser Tage in Anspielung auf einen Spruch von Ex-Finanzminister Peer Steinbrück. 2009 klopfte ihn der Sozialdemokrat für eine Drohung in Richtung Schweiz, damit die sich endlich zu mehr Kooperation in Sachen Geldwäsche bequeme: "Die Kavallerie in Fort Yuma muss nicht immer ausreiten, manchmal reicht es, wenn die Indianer wissen, dass es sie gibt."
Jetzt, das findet jedenfalls der gebürtige Hesse mit italienischen Wurzeln, sei es endlich an der Zeit, "den Stall auszumisten", weil viel zu wenig geschehen sei. "Wenn die internationale Zusammenarbeit nicht funktioniert, muss Deutschland endlich eigene Maßnahmen ergreifen", verlangt di Masi und erinnert an den Ruf nach Einführung einer sogenannten Quellensteuer. Der Staat könne damit an Geld kommen, bevor die Unsummen auf verschleierten Wegen die Republik verlassen.
Steuerhinterziehung zu bekämpfen wäre ganz einfach
Sven Giegold, Finanzexperte der Grünen im Europaparlament, schätzt unter Berufung auf Zahlen des Bundesfinanzministeriums, dass jährlich rund hundert Milliarden Euro in Deutschland gewaschen werden. "Es wäre mit einer Quellensteuer relativ einfach für Schäuble, das zu bekämpfen", sagte Giegold im vergangenen Frühjahr, als der neue Bundestagspräsident noch Herr der Zahlen war und vor allem der vielkritisierten schwarzen Null. Also stimme nicht, "dass man Steuerbetrug und Geldwäsche nur stoppen kann, wenn man alle Länder weltweit zu einem gemeinsamen Abkommen bewegt". Übernähme Deutschland eine Vorreiterrolle, glaubt der Grüne, hätte das sehr wohl Wirkung.
2 Kommentare verfügbar
Schwa be
am 19.11.201715. November 2017 um 13:31 Uhr | Verantwortlich: Albrecht Müller
Der BND-Chef heizt den West-Ost-Konflikt an und mischt sich damit in die Politik ein. Schäuble ist vermutlich der Pate.
Der Außenpolitiker der Süddeutschen Zeitung und Atlantiker Stefan Kornelius berichtete…