Wer in den letzten Monaten abends den Fernseher einschaltete und eines der Talkshowformate zur besten Sendezeit wählte, rieb sich oft verdutzt die Augen, war doch Knall auf Fall ein unausgesprochener Konsens der bundesdeutschen TV-Landschaft gebrochen: Die TalkerInnen zur Primetime diskutierten Woche für Woche mit VertreterInnen der extremen Rechten. Man kann fraglos darüber streiten, ob antidemokratische Positionen innerhalb einer Demokratie überhaupt unter Einbezug ihrer VerfechterInnen medial diskutiert werden sollten – vieles spricht dagegen – aber den Demokratiefeinden ohne Not in epischer Breite eine Bühne für ihre Parolen zu schaffen, irritierte. Mehr noch: Es war ein wesentlicher Garant dafür, dass sich Menschen, die rassistische, antisemitische und völkische Einstellungen haben, Abend für Abend darin ermutigt fühlen mussten, nun bei der nächsten Wahl ihre rassistischen Einstellungen auch in rassistische (Wahl-)Handlungen umzusetzen.
Es nutzt wenig, wenn Tages- und Wochenzeitungen in oft umfangreichen Recherchen die Weltbilder, Vernetzungen und Ziele rechter Gruppierungen herausarbeiten und aufzeigen, warum sich die neu etablierte Partei Alternative für Deutschland (AfD) als parlamentarischer Arm der rechten Bewegung mit wesentlichen Forderungen gegen die Kernelemente der bundesdeutschen Demokratie stellt, wenn die Fernsehsender diese Erkenntnisse fortlaufend konterkarieren. Nämlich dadurch, dass sie so tun, als seien Rassismus und völkischer Nationalismus einfach Meinungen, die in einer Demokratie gleichberechtigt neben anderen medial diskutiert werden sollten. Schuld und Verantwortung für den Aufstieg der AfD allein bei den TV-Talkshows zu suchen, wäre sicher verfehlt – ohne die umfangreichen Möglichkeiten zur personellen Selbstdarstellung und inhaltlichen Werbung wäre die AfD aber weder kontinuierlich in Landtage eingezogen, noch hätte sie es geschafft, irgendwo (außer vielleicht in einigen Regionen Ostdeutschlands) zweistellige Ergebnisse zu erzielen.
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Charlotte Rath
am 05.09.2017