Einer von ihnen ist Bernhard H. Reese. 2008 von der "Saarbrücker Zeitung" gekommen, ist er durch einige Aktivitäten aufgefallen. Im Juli 2009 verkündete er 17 RedakteurInnen bei "Sonntag Aktuell", dass sie zum Jahresende ihren Job verlieren würden. Im Dezember 2015, als die Überreste des Blattes vor dem Exitus standen, <link https: www.kontextwochenzeitung.de editorial schwarzer-tag-fuer-sonntag-aktuell-3297.html internal-link-new-window>verkaufte er die Titelseite komplett an Daimler. Als "besonders aufmerksamkeitsstarke Werbeform", wie er damals betonte. Das stimmte. "Sonntag Aktuell" erschien plötzlich wie ein Stern aus dem Mercedes-Reich, und die Fachwelt fragte sich, ob die Trennung zwischen Redaktion und Reklame jetzt endgültig perdu sei?
Der "Deutschland-Kurier" ist nicht einfach rein gerutscht
Nun hat Reese seinem "Wochenende" den "Deutschland-Kurier" beigelegt. Erschienen am Samstag, den 5. August. Ein Blatt, das auch das Zentralorgan der AfD sein könnte. Es ist nicht einfach so rein gerutscht in das "Wochenende", es war eine bewusste Entscheidung, bestätigt der Geschäftsführer auf Kontext-Anfrage. Nicht nur wegen der 10 000 Euro, die verbucht werden können, auch wegen grundsätzlicher Erwägungen. In Kauf nimmt er dafür die Proteste vieler LeserInnen, das Missvergnügen im eigenen Laden, die Säuernis seiner Austräger, die noch öfter angemistet werden. Und ob seine Verleger-Kollegen über den Deal erfreut sind, dürfte ziemlich zweifelhaft sein. Zum einen wollen sie juristisch gegen den Kurier vorgehen (DuMont), zum anderen sind sie realistisch genug, zu wissen, dass sie aus dieser Ecke stets Feuer kriegen. "Stand jetzt war das kein Fehler", sagt Reese, auch wenn er den Auftraggeber, diesen "fragwürdigen Verein", selbst nicht gut finde. Dasselbe gelte für die AfD. Um Himmels willen. Es sei aber nun mal nicht sein Job, die "Appetitlichkeit" von politischen Prospektbeilagen zu bewerten.
Demokratietheoretisch betrachtet, so führt der Manager weiter aus, müssten auch solche Meinungen einen "Marktplatz" finden. Und die LeserInnen die Chance haben, sich mit der gesamten politischen Bandbreite auseinander zu setzen. Selbstverständlich werde vorher geprüft, bei Wahlwerbung stets zentral, also auf der Ebene der Geschäftsführer, ob die Inhalte rechtskonform sind. Sollte ein Auftraggeber gar im Visier des Verfassungsschutzes sein, werde man "natürlich ablehnen".
Wie sensibel er zu reagieren in der Lage ist, will Reese am Beispiel der Fernsehzeitung "rtv" verdeutlichen, in deren Herausgeberkreis er sitzt. Das Millionenblatt liegt auch den Stuttgarter Gazetten bei und <link https: www.kontextwochenzeitung.de medien lifta-und-propaganda-3301.html internal-link-new-window>war lange eine beliebte Reklameplattform für den Rottenburger Kopp-Verlag, der mit Vorliebe gegen die "Islamisierung" des Abendlandes und für die AfD agitiert. Auf die Anzeigen der Fernsehzeitung habe er keinen Einfluss, aber sowas würde er für seine Anzeigenblätter ablehnen, versichert Reese. Soviel Abstand muss sein.
Als wär's ein Lesezirkel von Grundgesetzfreunden
Wir lernen: Der "Deutschland-Kurier" ist weniger schlimm. Das liegt wahrscheinlich schon am Namen. Herausgeber ist der "Verein zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit und bürgerlichen Freiheiten", was wie ein Lesezirkel von Grundgesetzfreunden klingt. Bekannt geworden ist <link https: www.kontextwochenzeitung.de politik die-anonymen-grossspender-der-afd-4311.html internal-link-new-window>der Verein erst kürzlich als Tarnorganisation für GroßspenderInnen, die die AfD bundesweit mit Wahlwerbung unterstützen. Seinen Sitz hat er in Stuttgart, Julius-Hölder-Straße 48, wo kein Klingelschild auf ihn verweist. Sein Vorsitzender ist David Bendels, der das Büro, so genau weiß er es denn auch nicht, in der Stuttgarter Hölderlin-Straße wähnt. Der 32-Jährige selbst wohnt 250 Kilometer nordöstlich im oberfränkischen Lichtenfels und war früher in der CSU.
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Andromeda Müller
am 11.08.2017